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Magenta: Masters Of Illusion – Limited Edition

Stil: Progressive Rock mit Konzept

Cover: Magenta: Masters Of Illusion – Limited Edition

<b>„Der Albumtitel spiegelt wider, wie die meisten Schauspieler und Musiker Meister der Illusion sind. Sie betreten die Bühne und projizieren dieses sichere und selbstbewusste Äußere, aber in ihrem Innseren sind sie manchmal zerbrechlich und unsicher, haben oft Schwierigkeiten damit, Kritik anzunehmen. Doch daran muss man sich als Musiker, besonders im Zeitalter der sozialen Medien, gewöhnen.“</b> (Robert Reed)

ROBERT REED ist ein echter progressiver Unruhegeist und Studioexperte – ähnlich wie ein Steven Wilson (PORCUPINE TREE, NO-MAN, BLACKFIELD) oder Marek Arnold (SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR, CYRIL, TOXIC SMILE) – der, ob solistisch oder mit seiner Band MAGENTA, keine Ruhe gibt. Und kaum hat er in der einen oder anderen Form ein Album veröffentlicht, von dem sich (fast) jedes durch hohe Qualität auszeichnet, schon arbeitet er voller Akribie und Leidenschaft bereits am nächsten.

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Dieses Mal ist also wieder seine Band dran: MAGENTA – und dabei wird es verdammt gruselig sowie 'klangspektakelig'. Denn da der Studiotüftler sich natürlich nicht mit der Veröffentlichung einer 'normalen' CD zufrieden gibt, erscheint sein neustes musikalisches Horror-Kunstwerk „Masters Of Illusion“, das ausschließlich aus 6 bis 16 Minuten langen Longtracks besteht, die jeweils eine Geschichte um einen Horror-Schauspieler der (mitunter Stummfilm-)Vergangenheit erzählen, gemeinsam mit einer DVD, auf der neben zwei Promo-Videos und einem Interview noch die 5.1 Dolby Digital sowie DTS-Surround-Abmischung von „Masters Of Illusion“ enthalten sind.

Unbedingt sollten die Freunde von ROBERT REED und MAGENTA bei ihrer Kaufentscheidung auf die „Limited Edition“ zurückgreifen, die in einem zwar recht unansehnlichen Pappschuber mit dem Titel „The Lost Reel“ daherkommt, dafür aber musikalisch mit ihren neuen 2020er-Mixen und einer Laufzeit von gut 73 Minuten eine unverzichtbare Beigabe ist. Schade, dass es die nicht auch als Dolby-Mix gibt. Denn so viel sei hier schon einmal verraten: Die DVD-Beigabe mit den Dolby-Mixen dieses Horror-Albums stellt selbst einen Mr. Wilson in den Schatten. Für die musikalische Vielfalt allerdings trifft dies nicht zu, wofür es einen gewichtigen Grund gibt, der nicht in der massiven MAGENTA-Ausrichtung zum Retro-Prog, sonder offensichtlich an anderer Stelle liegt.

Horror?
Horror!

Diese Frage zum aktuellen MAGENTA-Konzept werden sich einige stellen und erhalten auch in dem auf der DVD enthaltenen Reed-Interview ausführliche Antworten darauf. Genauso wie auf die Entstehung des Albums, jedes einzelnen Songs und der offensichtlichen Einflüsse, bei denen konkret GENESIS mit „Trespass“ und „A Trick Of The Tail“, KATE BUSH mit „The Kick Inside“ sowie allgemein PINK FLOYD benannt werden. Damit ist klar, wohin die Horror-Reise, die sich nicht auf den Film, sondern die bekanntesten Schauspieler und deren Leben konzentriert, geht.

Ein mir gut bekannter und international sehr anerkannter Musiker erklärte mir vor gar nicht allzu langer Zeit an einem bildhaften Beispiel, dass gerade im progressiven Rockbereich die Variabilität einer Stimme – egal ob Sängerin oder Sänger – von enormer Wichtigkeit ist. Oftmals gibt es richtig gute Stimmen, aber sie sind wie 'eine Wurst'. Sie klingen also gut, aber bewegen sich länglich recht eingeengt zwischen den beiden 'vokalen Wurstzipfeln'. Oftmals klar klingend und besonders für weniger anspruchsvoll-unkomplexe Mainstream-Musik ausgezeichnet geeignet. Ihnen fehlt aber neben dem schönen Klang etwas, was gerade den guten Progressive Rock ausmacht: das Ausbrechen aus dem schmackhaft-geradlinigen 'Wurst-Schema', das Raue, das Extreme, leuchtende Höhen und finstere Tiefen, Hibbeliges und Experimentelles, Mut zum Ungewöhnlichen…
...und genau das fehlt auch dem insgesamt zwar guten, aber eben nicht mutig oder vielfältig wirkendem Gesang von Christina Booth. In Bezug auf das Horror-Thema klingt ihre Stimme so, wie ein Horror-Film, der zwar spannend ist, aber auf jegliche Schock-Momente oder extrem gruselige Passagen verzichtet. Aber macht nicht gerade das eine guten Horror-Film aus?

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Noch schlimmer wird es, wenn die Sängerin gleich im ersten Song „Bela“ lautstark: „I'll be the man“, singt und aus dessen Sicht die Welt erklären will. Das passt noch nicht einmal mehr vom Inhalt her und hat einen ähnlich absurden Charakter, als würde ein Mann die Me-Too-Kampagne anführen. Somit wird Christina Booth mit ihrer Stimme auch dem Konzept des Albums nicht gerecht, das stimmungsmäßig mehr leuchtet als eine schaurige Atmosphäre zu verbreiten.

Allerdings darf nicht übersehen werden, dass auf „The Rose“, ein Song mit deutlicher KATE BUSH-Prägung, der Gesang vollends zu überzeugen weiß – nur das bleibt leider die Ausnahme.

Dabei wäre es so einfach gewesen, gerade auf einem Album, das sich mit filmischen Horror-Themen befasst und sich dabei fast nur auf männliche Schauspieler bezieht, die Stimmungen zu variieren, indem man neben Frau Booth auf weitere, vor allem männliche Sänger zurückgegriffen hätte. Dann hätte „Masters Of Illusion“ schon unter thematischer Sicht deutlich mehr überzeugen können. Auf der instrumentalen Ebene besitzt Robert Reed diesen Mut, indem er bei „Reach For The Moon“ und „The Rose“ Saxofone – hervorragend vom blinden TIGER MOTH TALES-Kopf Pete Jones gespielt – und außerdem zusätzliche Dudelsäcke setzt.
Warum nicht auch bei der Stimme?
Da darf höchstens mal als zusätzliche Background-Stimme bei „A Gift From God“ John Mitchell mitsingen und das war's dann auch schon. Doch gerade darum wird „A Gift Of God“ auch zu einem der besten Songs des Albums, das vom 16 Minuten langen Titeltrack abgeschlossen wird, der ein wahres Prog-Feuerwerk entfacht und bei dem mitunter der Wunsch aufkommt, das Stück mal ohne Gesang hören zu können. Dieser Wunsch wird tatsächlich mit dem Instrumental-Mix von „Masters Of Illusion“ auf der Bonus-CD der „Limited Edition“, die das gesamte Album aufwertet, erfüllt.

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FAZIT: „Masters Of Illusion – Limited Edition” lässt alle progressiven Fans von ROBERT REED und natürlich MAGENTA aufhorchen, denn MAGENTA werfen wieder den totalen Retro-Prog-Handschuh in den progressiven Rock-Ring. Musik in progressiver Vielfalt und mit zu einseitigem weiblichen Gesang, dafür aber mit einer faszinierend klingenden zusätzlichen DVD, die das Album in 5.1-DolbyDigital- und DTS-Sound sowie zwei Promo-Videos und einem Interview enthält. Allerdings sollte man sich besser noch für die limitierte Edition entscheiden, denn diese enthält über 73 Minuten lang die unterschiedlichsten Mixe des Albums und älterer MAGENTA-Songs.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.08.2020

Tracklist

  1. <b>CD</b> (63:14):
  2. Bela
  3. A Gift From God
  4. Reach For The Moon
  5. Snow
  6. The Rose
  7. Masters Of Illusion
  8. <b>DVD</b> (145:46 + 50:56):
  9. Bela
  10. A Gift From God
  11. Reach For The Moon
  12. Snow
  13. The Rose
  14. Masters Of Illusion
  15. <b>Promo-Videos</b> (50:56):
  16. Bela
  17. A Gift From God
  18. Robert Reed Interview
  19. <b>„The Lost Reel“-CD der limitierten Ausgabe</b> (73:11):
  20. Legend (2020 Mix)
  21. Reach For The Moon (Shadow Mix)
  22. Not In Our Name (2020 Mix)
  23. The Rose (Victor's Mix)
  24. Bela (Band Mix)
  25. Masters Of Illusion (Instrumental Mix)
  26. A Gift From God (Horn Mix)
  27. Man The Machine (2020 Mix)
  28. Turn The Tide (2020 Mix)

Besetzung

  • Bass

    Dan Nelson

  • Gesang

    Christina Booth

  • Gitarre

    Chris Fry, Robert Reed

  • Keys

    Robert Reed

  • Schlagzeug

    Jiffy Griffiths

  • Sonstiges

    Peter Jones (Saxophone), Troy Donockley (Dudelsack), John Mitchell (Background Vocals)

Sonstiges

  • Label

    Tigermoth Records/Just For Kicks

  • Spieldauer

    CD: 63:14 / Extra-CD: 73:11 / DVD: 196:42

  • Erscheinungsdatum

    01.07.2020

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