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Mantar: Grungetown Hooligans II

Stil: Noise Rock / Alternative / Grunge

Cover: Mantar: Grungetown Hooligans II

Eine Zeitlang hätte man Bands aus der Metal-Ecke wahrscheinlich an den Pranger gestellt, so sie sich als Grunge-Fans geoutet hätten, denn das musikhistorische Narrativ lautet bekanntlich von jeher, dass die Alternative-Bewegung zu Beginn der 1990er dem altehrwürdigen Edelstahl rapiden Flugrost beschert hat.

Die nüchterne Wahrheit ist aber, dass die heutige Vielfalt im Rock- und Metal-Bereich ohne den damaligen Freigeist, geschweige denn der damit einhergehende Wille zum Experimentieren und Innovieren, je möglich gewesen wäre. Davon abgesehen haben Grunge und Co. einer Menge mieser (Haarspray-)Combos auf der härteren Schiene zu Recht das Genick gebrochen.

Stichwort Gesundschrumpfung … aber was hat das mit den Kritiker-Darlings MANTAR zu tun?

Tja, das Krach-Duo ist dieser Tage so dreist, ein Zwischendurch-"Album" mit Coverversionen von Acts aus der frühen Alt-Rock-Szene herauszubringen; das Ergebnis ist zu gleichen Teilen wunderlich, unvorhersehbar und allzeit unterhaltsam - ein Stück weit sogar vorhersehbar, weil man spätestens in dieser Rückschau erkennt, dass die eine oder andere Combo MANTAR zumindest ein bisschen stilistisch beeinflusst haben.

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Schließlich sind die Grenzen von beispielsweise Sonic Youth oder insbesondere The Jesus Lizzard - bemerkenswerterweise interpretiert der Zweier 'Puss' von der legendären Split-Single der Band mit Nirvana (1992) - hin zum Noise Rock fließend, und dieser ist aus MANTARs Sound natürlich nicht wegzudenken. Weniger zu erwarten stand hingegen die Offenbarung, dass Hanno Klänhardt und Erinç Sakarya ausgemachte Bewunderer der Riot-Grrrl-Bewegung waren und sind.

Dieses Faible äußert sich in respektvollen wie -klar - derb schlagkräftigen Updates von Tracks sowohl der Aushängeschilder der Bewegung (L7, Babes In Toyland) als auch von Underground-Namen (7 Year Bitch). Einen Außenseiterstatus "genießen" ansonsten auch Mudhoney noch nach zig Jahren; im Gegensatz zu den rasant aufgestiegenen MANTAR ist den Seatte-Pionieren kein großer Erfolg beschieden gewesen, zumindest aber Anerkennung.

Und die gebührt auch dieser deutsch-türkischen Freundschaft, die mit "Grungetown Hooligans II" eine coole Wartezeitverkürzung einreicht und zugleich ein sympathisches Zeichen setzt - für Scheuklappenfreiheit, das Wiederentdecken einer ungeheuer spannenden Musikära und vielleicht auch … Frauenrechte?

Wer hätte das gedacht?

FAZIT: "Grungetown Hooligans II" bietet MANTAR in bewährt krachiger Form, bloß eben mit Songs aus fremder Feder, die verflixt cool auf den Stil der Combo umgemünzt wurden. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/61b83d02d8c344c8b971beaad4dc880a" width="1" height="1" alt="">

Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.06.2020

Tracklist

  1. L7 - The Bomb
  2. The Jesus Lizzard – Puss
  3. Sonic Youth – 100%
  4. Mazzy Star – Ghost Highway
  5. L7 – Can I Run
  6. Babes In Toyland – Bruise Violet
  7. Mudhoney – Who You Drivin' Now
  8. 7 Year Bitch - Knot

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Mantarecordings / Cargo

  • Spieldauer

    23:57

  • Erscheinungsdatum

    26.06.2020

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