Nicht dass NAPALM DEATH abgesehen von kurzen Phasen während der frühen bis mittleren 1990er zwischenzeitlich schlapp gemacht hätten, doch anscheinend geht es für die Urgesteine auf ihre alten Tage hin immer noch noch weiter aufwärts. 2020 gilt im Lager der Truppe aus Birmingham mehr denn je: Alles ist möglich, der eigenen garstigen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
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Um scheinbar mühelos eines ihrer stärksten Alben überhaupt herauszuhauen, brauchen die Herren nicht einmal ihren langjährigen Gitarristen. Dass Mitch Harris schon seit einiger Zeit nicht nur als Komponist kürzer tritt, macht "Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism" nicht weniger tödlich. Vielmehr scheint sich Hauptsongwriter Shane Embury umso mehr Freiheiten zum Experimentieren herausgenommen zu haben, was dazu führte, dass die Band die rasende Präzision ihrer jüngeren Werke mit dem wagemutigen Geist des 1997er Spaltpilzes "Diatribes" versöhnt.
An dessen Industriekulissen erinnern speziell das Soundtrack-artige 'A Bellyful Of Salt And Spleen' mit seinem unterschwelligen Einstürzende-Neubauten-Flair und der Midtempo-Ausreißer 'Backlash Just Because', wo der federführende Bassist keinen Hehl aus seinen Vorlieben für Voivod (Gitarrenharmonien) und Young Gods (mechanischer Groove) macht.
Ruppiges Midtempo mit Haken schlagendem Groove gefällig? Gibt's zwischendurch immer wieder, und selbst ein viereinhalbminütiger Wüterich wie 'Fluxing of the Muscle' wird nicht langweilig. 'Amoral' ist dann sogar für NAPALM-DEATH-Verhältnisse eine faustdicke Überraschung, da die Band hier so dicht auf Killing Jokes Fersen wandelt wie nie. Bleiben noch das schlichtweg verheerende Titelstück mit mehrstimmigen Shouts und die verspielte Über-Geilheit 'Acting in Gouged Faith' kurz vor Schluss, fertig sind etwas über 40 Minuten jenes schlau schlimmen Krachs, vor dem Eltern ihre Kids seit ca. 1981 gewarnt haben.
'Joie De Ne Pas Vivre' hingegen steht als primitives Gepolter mit verhalltem Fabriksound exemplarisch für die perfekte Gratwanderung der Briten, während Shouter Barney Greenway den längst zur Worthülse verkommenen „Extreme Metal“ wieder waffenfähig macht – mit aufrichtiger Wut und einer poetischen Strahlkraft, die im zunehmend indifferenten, von allseitigem Narzissmus getriebenen Kulturbetrieb dieser Tage dringend notwendig ist.
FAZIT: NAPALM DEATHs 16. Studioalbum ist bis auf weiteres die Referenzgröße für jegliche Form extremer Musik, Punkt. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/03df7e6032724c249d345ad6f1c8c87f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.09.2020
Century Media / Sony
42:27
18.09.2020