Schon mal vorab: "Natural Satellite" krankt vor allem an seiner erschlagenden Länge, ein scheinbar chronisches Symptom vieler Progressive-Rock-Projekte jüngeren Datums, die ausschließlich in ihrer Szene-Blase existieren und auch nur dort wahrgenommen werden. Dementsprechend betulich gehen 25 Yard SCREAMER auf ihrem neuen Album zu Werke und heben dabei zu keiner Zeit die Welt aus den Angeln.
Sie versuchen es erst gar nicht, also kann von "progressiv" im eigentlichen Wortsinn keine Rede sein. Stattdessen arbeiten sich die Waliser, die immerhin schon fast 20 Jahre existieren, an einschlägig bekannten Vorgaben ab. Das eröffnende 'The Storyteller' beginnt als düsterer Klangnebel und entfaltet sich im laufe seiner leicht überlangen Spielzeit zu einem pässlichen Epos mit einer ähnlichen Dramatik wie vergleichbare Nummern von etwa ARENA oder mittleren IQ.
'Devastate' baut in puncto Stimmung darauf auf und verdeutlich ein weiteres Manko der gesamten Scheibe: In Sachen Tempo ist sie zu einseitig gestrickt. Die Band kommt partout nicht aus dem Quark, sondern dudelt häufig selbstverliebt vor sich hin. Die Songwriting-Qualität sinkt daraufhin während 'The Silent Rising' (hier erhebt sich nichts) und dem kitschigen 'A Space Where Someone Should Be' beträchtlich, als ob 25 Yard SCREAMER ihr Pulver bereits verschossen hätte. Multi-Instrumentalist Nick James war noch nie ein sonderlich flexibler Sänger, wirkt hier jedoch stellenweise regelrecht lustlos.
Wenn das Kerntrio, das sich stellenweise mit Gast-Organist Rob Reed verstärkt hat sowie auf die Hintergrundstimmen von Abbi James und Aled Bryn Pennock (in erster Linie für die Sprechpassagen an mehreren Stellen verantwortlich) zurückgreift, während 'While We Are' elektronische Spurenelemente einbaut, geschieht dies im Geiste von RADIOHEAD ab ungefähr "Kid A" gleichsam insoweit konservativ, als sich dabei keine neuen Einsichten ergeben.
Es handelt sich lediglich um eine weitere Stilübung - gut adaptiert, aber nicht revolutionär, was man auch von 'Never In The Detail' behaupten darf, das mit seinen zusätzlichen Gitarrenleads von Jeff Rees auch auf 25 Yard SCREAMERs Einstand "The Pictures Within" von 2003 hätte stehen können. Der wohl unvermeidliche Longtrack als Finale, 'Coda Jeremiah', wäre um die nahezu ganze erste Hälfte gekürzt womöglich effektiver gewesen und steht noch einmal symptomatisch für den empfindlichsten Schwachpunkt von "Natural Satellite" bzw. der Band allgemein.
Der ausgewogene, allerdings blutarme Sound (es handelt sich hörbar in erster Linie um ein Studioprojekt) schwächt die als originell empfundenen New-Wave-Elemente, die offensichtlich neuerdings stärker denn je zum Tragen kommen sollen, bedauerlicherweise empfindlich ab.
FAZIT: Ein harte Urteil, doch 25 Yard SCREAMER haben der Artrock-Szene zu Beginn der 20er Jahre des 21. Jahrhunderts wenig bis nichts zu geben. Gut eine volle Stunde von "Natural Satellite" grenzt an gelangweiltes Abpflücken welker Stilblüten und ist zumindest für diejenigen Zeitverschwendung, die Prog noch wirklich mit Fortschritt, Spannung - schlicht mitreißender Musik gleichsetzen. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/74ed969094bd4a958e30a0a4c5aae4d6" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.01.2020
Matt Clarke
Nick James, Abbi James
Nick James, Jeff Rees
Nick James, Rob Reed
Donal Owen
Tom Bennett (Inactive 4th musical brother), Abbi James, Aled Bryn Pennock (Spoken word)
White Knight/Just For Kicks
70:30
23.11.2019