Auf ihrem zweiten Album fanden NEW ORDER 1983 richtig zu sich selbst. Die Arbeit der Post-Punk-Pioniere mit elektronischen Elementen machte sich auf "Power, Corruption & Lies" im Verbund mit den herausragenden Qualitäten von Bernard Sumner und Peter Hook im vollen Umfang bezahlt, sodass einem weltweiten Erfolg nichts mehr im Wege stand.
Deshalb und aufgrund ihrer zeitlos doppelbödigen Texte gilt die Platte zu Recht als Klassiker, und als ob sie nicht schon häufig genug neu aufgelegt worden wäre, erscheint nun tatsächlich die versprochene "definitive" Edition, die sich selbst im uns vorliegenden Standard-Format sehen bzw. hörenlassen kann.
Ob der stilprägende Roboter-Gesang in 'Ecstacy' oder die legendär hypnotisierenden Ohrwürmer 'Ultraviolence' und 'Age Of Consent', der Disco-Spaß 'The Village', die Cold-Wave-Blaupause 'Leave Me Alone' oder das gediegene 'We All Stand' mit seinem markanten Bass-Motiv, das sehnsuchtsvoll schillernde 'Your Silent Face' oder das minimalistische '5 8 6' … "Power, Corruption & Lies" ist eine jener Platten, die man nicht nur wirklich als wie aus einem Guss klingend bezeichnen darf, sondern auch als bahnbrechend für die Popmusik der Jahrzehnte bewerten muss, die auf seine Erstveröffentlichung hin folgten.
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Der Clou der 2020er Edition sind u.a. nicht auf dem Originalalbum enthaltene Tracks wie die EP-Auszüge 'Turn The Heater On' (ein Cover der Reggae-Nummer von Keith Hudson) von Sessions bei BBC-Radiomoderator John Peel (1990 als Compilation erschienen), vor allem aber die hinsichtlich der kreativen Arbeit der Briten äußerst aufschlussreiche Mitschnitte aus den Songwriting-Sitzungen respektive dem Proberaum, die zwar in puncto Klangqualität logischerweise missen lassen, aber eine Menge über die Talente der Musiker und die Möglichkeiten aussagen, die sich im Rahmen der produktionstechnischen Endveredelung im DIY-Verfahren auftaten.
Das Komplettprogramm holen sich Fans in Form der Box-Version eingedenk eines 48-seitigen Hardcover-Buches ab - mit einer zusätzlichen DVD, die zwei Konzerte von 1982 und 1983 fürs Auge und Ohr bietet, außerdem eine Fernsehdoku und TV-Performances des Quartetts neben den vier damals ausgekoppelten Singles inklusive ihrer B-Seiten. Kurzum …
FAZIT: "Definitive Edition" ist im Zusammenhang mit diesem Release keine vermessene Benennung - was NEW ORDERs Meilenstein "Power, Corruption & Lies" angeht, wurde hiermit wohl alles gesagt. Wer sich nur ansatzweise für Popgeschichte interessiert sowie das soziokulturelle und künstlerische Klima im England der frühen 1980er verstehen möchte, bekommt 2020 kaum eine bessere und obendrein immer noch extrem hörenswerte Gelegenheit dazu. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/ec50479bd70943cfb6aa01c1222c104f" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.09.2020
Peter Hook
Bernard Sumner
Bernard Sumner
Gillian Gilbert, Stephen Morris, Bernard Sumner
Stephen Morris, Peter Hook
Warner
124:26
02.10.2020