Nach mehr als 30 Jahren im Metal-Business dürfen sich NIGHTMARE mit Fug und Recht Veteranen der französischen Szene nennen - Überzeugungstäter auch, die sich zu einer Zeit gründeten, als das Genre auf dem absteigenden Ast war. Gleichwohl von ihrem anfänglichen Sound wenig übriggeblieben ist außer der Ursprünglichkeit der Pionierphase des Stils, könnte das aktuelle Album der Band auf ihre Historie bezogen kaum linientreuer sein.
Mit "Aeternam" setzt die über die Jahre hin stark umbesetzte Gruppe jene Entwicklung fort, die nach einer kurzen Zäsur 1999 mit „Astral Deliverance“ ihren Anfang nahm (härter, knalliger, "moderner") und sich seit 2012, als in Form von "The Burden Of God" ihre erste Platte mit vordergründig orchestralen Elementen herauskam, relativ langsam weiter vollzieht.
Der Wechsel von männlichem Gesang seitens Ur-Drummer Jo Amore zu einer Interimslösung mit Beautiful-Sin-Chanteuse Maggy Luyten und nun schließlich der jungen Marianne Dien von Faith Of Agony ist die einzige wesentliche Veränderung im Zusammenhang mit den neuen Tracks der Urgesteine, ansonsten machen NIGHTMARE quasi einen Hattrick voll, indem sie "The Aftermath" (2014) und Dead Sun (2016) mit einem logischen Nachfolger abrunden.
Der Opener 'Temple Of Acheron' gibt die düstere Leitlinie vor: Die Riffs fliegen Tief, das Gesangsregister ist ein umso höheres (ein Opernsopran bleibt dankenswerterweise außen vor), und eine Kehrtwende erscheint insoweit vollzogen, als die Songwriter das Einsehen hatten, nicht noch weiter in Richtung Epica oder Nightwish vorzustoßen. Andernfalls hätten sie ihr Profil verloren, wohingegen nun tatsächlich wieder Metal in seiner harten und geradlinigen Grundform die Basis bildet.
Die neue Spitze hinterm Mikro kristallisiert sich schon bei der dritten Single 'Divine Nemesis' heraus, einer Hymne mit gehörigem Vorwärtsdrang und einem jener mitreißenden Refrains, für die Marienne ein hervorragendes Gespür zu haben scheint.
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Warum tritt man aus einer deutlich anderen Ecke in den Ring und misst sich mit schwergewichtiger Konkurrenz, die von jeher in diesem Bereich heimisch ist? Dass NIGHTMARE mit dem schon im Juli ausgekoppelten Titelstück (thrashig, ja sogar fast schwarzmetallisch) viel von ihrem aktuellen Pulver verschossen haben, ist angesichts der Tatsache, dass das Niveau auf "Aeternam" bis zuletzt überdurchschnittlich hoch bleibt, gar nicht so tragisch.
FAZIT: NIGHTMAREs neues Album ist seit locker zehn Jahren ihr bestes und ein Muss für Freunde von typisch europäischem Power Metal der zeitgenössischen Sorte - dargeboten mit Sängerin und doch in keiner Weise klischiert "female-fronted". Willkommen zurück in Bestform! <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/43978416110f47cb990bece715b46b64" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.09.2020
Madie
Madie
Yves Campion, Franck Milleliri, Matt Asselberghs
Niels Quiais
AFM / Soulfood
48:47
02.10.2020