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Rammstein: Herzeleid (XXV Anniversary Edition - Remastered)

Stil: Neue Deutsche Härte

Cover: Rammstein: Herzeleid (XXV Anniversary Edition - Remastered)

Was soll man noch über RAMMSTEINs bahnbrechendes Debütalbum schreiben, ohne sich selbst oder andere zu wiederholen? Nicht zuletzt die Band selbst hat sich über die Jahre hin ungewöhnlich ausführlich in offizieller Form dazu geäußert, ganz zu schweigen von etlichen Stimmen aus dem Off, welche die eine oder andere Kontroverse um Band, Platte und Texte provozierten.

Solche gehören bei RAMMSTEIN ja schon immer dazu, doch blendet man das ganze Drumherum aus, ist "Herzeleid" schlicht wegen seiner musikalischen Qualitäten zeitlos gut. Hinter den mehrdeutigen, vordergründig oft plump provokanten und dennoch hintersinnigen und stets poetischen Texten von Till Lindemann und dem martialischen Riff-Terror verbirgt sich überragendes Songwriting in ganz klassischem Sinn.

Ohne Scheiß, so gut wie alle Lieder der Platte würden auf der Akustikgitarre geschrammelt in jeder Lagerfeuer-Runde funktionieren, aber lassen wir das jetzt … Wem das skandalöse "Weisses Fleisch", die immer noch rührende Ballade 'Seemann' oder der Spätneunziger-Disco-Renner 'Du riechst so gut' nicht bekannt sind, der hat die letzten 30 Jahre Popmusikgeschichte verpennt.

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An der Tracklist dieser zum 25. Jahrestag der ersten Veröffentlichung von "Herzeleid" herausgegebenen Edition wurde klugerweise nichts verändert, und Bonustracks gibt's auch keine, obwohl die B-Seiten der seinerzeit erschienenen Singles reizvoll gewesen wären. Dafür haben Label und Band der Platte nun ein hübsches Digipak in Kreuzform inklusive edlem Schuber spendiert, doch der eigentliche Kaufgrund (oder auch nicht) ist der in HD neu gemasterte Sound, für den die Aufbereitung des Material für das vor einiger Zeit erschienene Vinyl-Boxset des Sextetts als Ausgangspunkt diente.

Wir sprechen hier immerhin von einem der wenigen Alben, die schon in ihrer ursprünglichen Form perfekt klangen und dadurch sogar Maßstäbe setzten. Das Produzenten-Team - der Schwede Jacob Hellner und der Niederländer Ronald Prent - haben in Interviews mit uns noch einmal betont, wie viel Arbeit in der klanglichen Inszenierung steckte, weil RAMMSTEIN eben von Anfang an nur das Allerbeste auf allen Ebenen verlangten … ohne sich selbst von Anstrengungen auszunehmen wohlgemerkt.

So erzählte Hellner, man habe mitnichten auf das schon seinerzeit gängige "copy and paste"-Verfahren gesetzt und eine Passage einfach so oft wie nötig vervielfältigt. Vielmehr sei die Band mit beängstigender Präzision durch ihre Songs gepflügt, und zwar oft in einem Rutsch vom Anfang bis zum Ende. Prent wiederum bemerkte, die Musiker hätten eine ganz klare Vorstellung davon im Kopf gehabt, wie "Herzeleid" klingen sollte, und das Schwierige an seiner Arbeit mit Jacob sei eben die Umsetzung dieser Vision gewesen, weil solche Musik abgesehen von den vage vergleichbaren Clawfinger-, Ministry- und Pantera-Releases aus jener Zeit faktisch nicht als Vorlage existierte.

Der Rest ist Geschichte, eine klassische, für die Ewigkeit bestimmte "creatio ex nihilo".

FAZIT: RAMMSTEINs "Herzeleid" in remasterter Form? Warum nicht, aber die Unterschiede (von Verbesserungen wollen wir gar nicht reden) sind selbst mit Boutique-Kopfhörern begutachtet marginal, auch wenn die "XXV Anniversary Edition" insbesondere optisch eine Menge hermacht und für Komplettisten ohnehin unerlässlich sein dürfte. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/1106a7c844204f17b75433890b18a90f" width="1" height="1" alt="">

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.11.2020

Tracklist

  1. Wollt ihr das Bett in Flammen sehen
  2. Der Meister
  3. Weisses Fleisch
  4. Asche zu Asche
  5. Seemann
  6. Du riechst so gut
  7. Das alte Leid
  8. Heirate mich
  9. Herzeleid
  10. Laichzeit
  11. Rammstein

Besetzung

  • Bass

    Oliver Riedel

  • Gesang

    Till Lindemann

  • Gitarre

    Paul Landers, Richard Kruspe

  • Keys

    Christian "Flake" Lorenz

  • Schlagzeug

    Christoph Schneider

Sonstiges

  • Label

    Motor

  • Spieldauer

    49:22

  • Erscheinungsdatum

    04.12.2020

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