Seit 1983 hat der kanadische Musiker Rick Miller sechzehn Werke veröffentlicht. Teils nur auf Kassette oder als CDR, aber das letzte Dutzend (seit 2003) auf CD. Über Geheimtipp-Status ist Miller dabei – zumindest hierzulande – kaum hinausgekommen. Daran wird vermutlich auch „Belief The Machine“ nichts ändern. Was sehr schade ist.
Denn das Album bietet eine knappe Stunde erquicklichen, ruhigen und hochmelodischen Retro-Prog. Mit Reminiszenzen an entspannte PINK FLOYD (Bass und die wohlweise eher hingehauchten Vocals) und CAMEL, was Atmosphäre, Melodieführung und die von Sarah Young bezaubernd gespielte Flöte angeht. Gut, da kommt dann noch eine deftige Brise Steve Hackett aus den Anfangstagen seiner Solokarriere hinzu („Media Gods“).
Das erreicht mitunter fast New Age-Gefilde, kippt aber nicht in den Mustopf, sondern flirtet lieber mit heimeligem Folk, zu dem Sally Oldfields Vocals gut passen würden („The Land And The Sea“ mit seinen Vibraphon-Sounds), geht als imaginärer Soundtrack durch, besonders wenn das Cello einprägsam die Dramatik schürt („Binary Breakdown)“ und lässt auch rhythmische Elemente nicht außer Acht. Der Natur der Musik gemäß sanft vorantreibend und nicht knüppelnd.
Beinahe diametral dazu stehen die düsteren Lyrics, Betrachtungen aus einer entfremdeten, maschinisierten Welt, voller Sehnsucht nach Nähe und Rückzüge in Traumlandschaften, die hasch unterbrochen werden von Unterdrückung und Ungerechtigkeit oder wie es bei Franz Kafka einleitend heißt: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“. Gut, Miller ist nicht gleich Kafka, aber die Intentionen sind ähnlich.
Ergibt in der Gesamtheit melancholische, symphonischen Prog der wohltuenden Art, der spätestens mit „That Inwards Eye Part 2“ an die besseren Tage von BARCLAY JAMES HARVEST erinnert und ausschweifend instrumental darüber sinniert. Kann man in dieser aufreibenden Zeit sehr gut vertragen.
FAZIT: „Belief The Machine“ ist ein herzerwärmendes Werk voller getragenen, watteweich inszenierten Artrocks. Nix für Frickelfanatiker und hartgesottene Steinbeißer. Nimmt Bezug auf Rick Millers Frühphase mit Alben voller meditativer Instrumentalmusik, verliert aber seine (symphonischen) Rockbezüge nicht aus den Augen. Lädt ein, sich einfach fallen zu lassen und hoffnungsloser Romantiker zu sein. Könnte schlechter laufen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.06.2020
Rick Miller
Barry Haggarty
Will
Rick Miller (all instruments), Sarah Young (flute), Mateusz Swoboda (cello)
Progressive Promotion Records
51:12
01.05.2020