Immer dann, wenn die lange Zeit in New York tätige Jazzerin SARA DECKER auf der Suche nach der musikalischen Heimatsuche auf Deutsch singt, erhalten die Songs ihres neuen Albums „Poetryfied“ sogleich einen deutlichen Liedcharakter. Ganz anders als bei den auf Englisch gesungenen Tracks und jenen, die mit improvisatorischen Instrumentalpassagen oder nonverbalen Scat-Emulationen glänzen. Da kann man mal sehen, wie prägend sich der Gebrauch der Sprache auf prinzipiell einem bestimmten Format unterliegenden Genres auswirkt. Mit „Liedcharakter“ ist dabei übrigens keine Hinwendung zum Pop gemeint, sondern eher eine zum Kunstlied, denn der Gedanke bei diesem Werk war, sich über die Vertonung von Gedichten dem Thema „Heimatsuche“ zu nähern.
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Inspiriert von den Gedichten von MASCHA KALÉKO (der gerade erst die deutsche Liedermacherin DOTA KEHR ein ganzes Album widmete) machte sich Sara an die Vertonung einiger Gedichte von eben MASCHA KALÉKO, RAINER MARIA RILKE – aber auch von EMILY DICKINSON und MASSIVE ATTACK. Letzteres ist insofern erklärungsbedürftig, als dass die Lyrics dieses Tracks auf einem Gedicht von ELIZABETH FRASER basieren (FRASER war die ehemaligen Sängerin der COCTEAU TWINS, die das Stück weiland als Gastvokalistin bei MASSIVE ATTACK intonierte). Das zeigt aber auch, dass SARA DECKER dieses Projekt zugleich als eine Art musikalisches Porträt ihrer selbst sieht. Das Ganze ist im Trio-Format von der SARA DECKER BAND unterlegt und wird von einigen Gastbeiträgen von HEIDI BAYER am Flügelhorn, STEFAN KARLS SCHMIDT am Tenorsaxophon und JULIA KRIEGSMANN an der Flöte erweitert, die sich ihrerseits erfolgreich bemühen, die Gedicht-Thematik auf instrumentaler Basis zu interpretieren.
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FAZIT: Mit ihrem neuen Album lehnt sich SARA DECKER insofern recht weit aus dem Fenster, als dass sie bei der Auswahl der zugrundeliegenden Gedichte eben auch auf Deutsche Texte zurückgriff – was von Jazz-Puristen ja nicht so gerne gesehen (bzw. gehört) wird. Schaden tut das der Sache natürlich nicht, da so der Lied-Charakter zumindest bei den Gesangspartien betont wird und letztlich durch den Poetry-Gedanken ja auch ein – man verzeihe das Wortspiel – besonders lyrisches Album entstand.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.12.2020
Nicolai Amrehn
Sara Decker
Billy Test
Jeroen Truyen
AMC Records
36:00
04.09.2020