Das Schicksal hat es in letzter Zeit nicht gut mit den Geschwistern Bedsaul gemeint. Sänger Blake und Lead-Gitarrist Zach schrieben 'Brother' für ihren kürzlich verstorbenen Bruder Caleb und fanden schwachen Trost darin, dass der Song zu einer Hitsingle auf Streaming-Plattformen avancierte. Ihre Mutter erlag mehr oder weniger zeitgleich einem Krebsleiden, und was man nun auf dem ersten Album ihrer Band SAUL hört, spiegelt das mit solchen Lebensereignissen einhergehende Gefühlschaos bis zu einem gewissen Grad wider.
In musikalischer Hinsicht sind die jungen Männer aus dem Mittleren Westen der Vereinigten Staaten unterdessen Kinder ihrer Zeit. Sie legen besonderen Wert auf tiefgehende Texte, eingebettet in knalligen "Alternative" Metal mit elektronische Verzierungen und manchmal weit vorne stehende Keyboards. Die Gitarrenriffs fliegen tief wie im Djent-Underground, der Gesang klingelt umso glockiger und bisweilen auch nachgerade poppig, rhythmische Komplexität hin oder her. Ungeachtet dessen sind die Songstrukturen auf "Rise As Equals" weitgehend herkömmlicher Natur; will heißen, dass sich SAUL ausnahmslos am Schema Strophe-Refrain-Strophe-Bridge-Refrain orientieren.
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Nichtsdestoweniger funktioniert die Chose, eben weil die Gruppe ein feines Händchen für massentaugliche Kehrverse hat. 'Lookin' To Fight' und das Titelstück sind Paradebeispiele dafür, wie eine an und für sich simple (melodische) Grundidee über dreieinhalb Minuten hinweg unterhalten kann, ohne bei aller Vorhersehbarkeit abgeschmackt anzumuten.
Apropos "Schmackes" … 'Here And Now' stammt zur Hälfte aus Godsmack-Zuarbeiter Erik Rons Feder, wohingegen in 'Inside' Morgan Rose von Sevendust als Gastschlagzeuger fungierte, aber das sind Lappalien in Anbetracht der Leistung, die SAUL für sich genommen erbringen. Fans der Combo um Sully Erna, aber auch Stone-Sour-Hörer und die Klientel von Disturbed sind mit dieser Scheibe bestens bedient.
FAZIT: In ästhetischer und musikalischer Hinsicht zweckmäßig in Szene gesetzter Modern Metal, der ohne allzu viel Tiefgang (ungeachtet des intim persönlichen Backgrounds der Kompositionen) gediegen unterhält. SAUL werden im Sog dieses Einstands zweifellos einen mehr oder weniger steilen Weg (vor allem in ihrer amerikanischen Heimat) nach oben beschreiten. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/16f8dacf610748ad889b6a4b0b09319c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.10.2020
Zach Bedsaul
Blake Bedsaul
Zach Bedsaul
Morgan Rose
Fearless / Spinefarm
44:27
23.10.2020