Auf ihrem achten Longplayer pflegen SEETHER die Tradition, die sie mit ihren letzten paar Alben begonnen haben, und gerieren sich erst gar nicht (mehr) zu überlebensgroßen Neumetall-Helden, sondern zeigen sich glaubwürdig verletzlich, ohne etwas von ihrem Hit-Gespür einzubüßen.
"Si Vis Pacem, Para Bellum" ("willst du Frieden, mach dich auf Krieg gefasst") überrascht nach der kurzen, schleppenden Eröffnung 'Dead And Done' selten bis gar nicht, und das ist vielleicht ganz gut so. Das von einem simpel groovenden Bass-Motiv geprägte 'Bruised And Bloodied' stellt Sänger Shaun Morgans Stimme in den Brennpunkt des Geschehens, wobei im Refrain sogar ein bisschen Audioslave- und Alter-Bridge-Flair aufkommt.
Folglich sind SEETHER wieder einmal dann am stärksten, wenn sie von Nu-Metal-Geprotze absehen und sich stattdessen auf (Grunge-)rockige Klänge fokussieren. Die Hooks der meisten Songs halten schließlich jenes Stadion-Niveau, das die auf Hochglanz polierte Variante des einsteigen "Alternative" spätestens seit der Jahrtausendwende erfordert.
Die Power-Ballade 'Wasteland' läutet eine wehmütige Phase ein, die über 'Dangerous' hinaus und den waschechten Epic-Doomer (!) 'Liar' andauert. 'Can’t Go Wrong' rangiert in diesem Kontext hart am Rand des Schwülstigen, doch mit 'Buried In The Sand' und 'Let It Go' finden SEETHER zu beherzteren Gesten zurück, ohne wieder krampfhaft auf hartgesotten zu machen, was ihnen wie gesagt eher nicht so gut steht.
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/rPdS8Ij_LuA" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>
Dass die Scheibe letzten Endes mit im Großen und Ganzen gedämpften Tönen ausklingt (packend: das subtil orchestral unterlegte 'Drift Away'), wurde klug entschieden und lässt die Band für die nächsten Jahre fest im Sattel des zeitgenössischen Rock-Betriebs insbesondere ihrer amerikanischen Heimat sitzen.
FAZIT: Himmelhoch jauchzend und kämpferisch, dann zu Tode betrübt und zurückgezogen - SEETHERs aktuelles Werk folgt dem Prinzip "auf Hart folgt Zart" ohne jegliche Ironie, ist aber dank guter bis sehr guter Kompositionen auf dieser Schiene mehr als ein bloßes Relikt aus der Nu- respektive Alternative-Metal-Hochphase. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/338a7ba0e5dc4003b6fe703673421dc5" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.08.2020
Fantasy / Spinefarm
43:56
28.08.2020