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Van Wolfen: Vom Feinsten

Stil: Bluesorientierte Gitarren-Rallye

Cover: Van Wolfen: Vom Feinsten

Was verbindet Molly Hatchet, Achim Reichel, die Klostertaler, Robert Randolph, Rammstein und die Schürzenjäger? Wer hier reflexartig mit einem überzeugten „Gar nichts!“ antwortet, muss sich eines Bessern belehren lassen: Es gibt einen Musiker und Song-Schreiber, der in der einen oder andern Form mit, respektive für all die Genannten gearbeitet hat.

Sein Name ist MICKY WOLF, und der Mann scheint wie eine Wunderkerze an Silvester zu brennen – an beiden Enden gleichzeitig. Die Aufzählung seiner Karriere-Stationen, seiner parallel laufenden Projekte und musikalischen Unternehmungen nimmt kein Ende. Nun zieht der Wahl-Hamburger als VAN WOLFEN mit dem Album „Vom Feinsten“ ein Fazit seines Schaffens der letzten Jahre.

Die 17-teilige Zusammenstellung hat eine Laufzeit von gut einer Stunde und bietet einen Überblick über WOLFS Schaffen der Zeitspanne von 2009 bis 2019. Leider lässt sich aus den spärlichen Angaben zum Album nebst den Gäste-Namen nichts Näheres zu etwaigen Mitmusikern herauslesen. Falls man jedoch aus dem Hinweis „Aufgenommen im GUITARJUNKIE-Studio Hamburg von Micky Wolf“ auf ein Ein-Mann-Unternehmen schließen darf: Hut ab, denn wenn dem so ist, wurde solides Können für einmal nicht durch dilettantisches Zusammenbauen der Tonspuren zunichte gemacht.

Stilmäßig ist die Compilation ein Abbild ihres Schöpfers, eine Wunderkiste durch und durch. Zwar ordnet WOLF die Sache selber und umfassend als „eine entstaubte Neuinterpretation des Blues“ ein – allerdings werden diesbezüglich die Meinungen anderer wohl breit gestreut irgendwo zwischen blasphemisch und genial liegen; denn auch wenn das omnipräsente Sliden auf den Gitarren mehr vorgaukeln mag, der Bluesanteil am Ganzen hält sich halt doch in Grenzen.

Ein erstes Beispiel aus der Blues-Schublade ist „Fertich“, mit untadeliger Gitarre und hübscher Harp von Axel Flemming, ein zweites das halbakustisch-hallende „Der Blues“. WOLFS neuste Liebe gilt der Cigarbox-Gitarre – schade darum, dass der „Cigarbox Boogie“ so kurz ausfällt. Die drei anderen Instrumentals werden ausgiebiger zelebriert und kommen zudem mit mächtig viel Drive: Insbesondere Henry Mancinis zigfach gecoverter Krimi-Gassenhauer „Peter Gunn“ (1958) fährt prächtig ein und braucht auch als reine Gitarren-Version keinen Vergleich zu scheuen. Stark!

Apropos Instrumentals: Singen ist nicht WOLFS Ding. Sein Sprechgesang, mit Betonung auf der ersten Silbe, ähnelt einem Konglomerat der Stimmen von Gunter Gabriel und Udo Lindenberg zu fortgeschrittener Stunde. Macht aber nichts – zu einem so schrägen Song wie „Ich Hab Roy Black Gesehn“ oder zu einem kräftigen Rocker wie „2 Meter Unterm Gras“ würde auch gar nichts anderes passen. Übrigens: Bei fast der Hälfte der Song-Texte hat Claus-Dieter Eckardt, Texter des Titelsongs von „Truck Stop“ zur Fernsehserie „Großstadtrevier“, mitgearbeitet.

FAZIT: Man mag MICKY WOLF alias VAN WOLFEN kennen oder nicht, man mag ihn schätzen oder nicht, „Vom Feinsten“ wörtlich nehmen oder bezweifeln: Hier zieht einer sein ureigenes Ding durch, mit Herzblut, sicherer Hand und voller Überzeugung. In diesem Sinn: Reinhören ist Pflicht!

Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.05.2020

Tracklist

  1. Peter Gunn
  2. Ich Glaube
  3. Wolfslied
  4. Fertich
  5. Ghostriders In The Sky (Stan Jones) Instrumental
  6. Ich Hab Roy Black Geseh‘n (Neuaufnahme)
  7. Männerhass
  8. Zähle Nie Dein Geld Am Tisch
  9. Anton’s Cha Cha (Instrumental)
  10. 2 Meter Unterm Gras
  11. Mir
  12. Jackie
  13. Babs & Gila
  14. Der Blues
  15. Cigarbox Boogie
  16. Ich Krieg Keine Luft
  17. Aber Du

Besetzung

  • Bass

    Micky Wolf, Reggie Worthy

  • Gesang

    Micky Wolf

  • Gitarre

    Micky Wolf

  • Schlagzeug

    Micky Wolf

  • Sonstiges

    Axel Flemming (Harp, Tracks 4 und 9), Chris Laut (Harp, Track 10)

Sonstiges

  • Label

    Sireena Records/Broken Silence

  • Spieldauer

    60:47

  • Erscheinungsdatum

    27.03.2020

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