Zu den frühsten Acts, die sich sozusagen die Staffel von Black Sabbath reichen ließen, indem sie deren Doom-Entwürfe weiterentwickelten und/oder um ihre individuelle Note anreicherten, gehörten neben Witchfinder General und Pagan Altar insbesondere WITCHFYNDE, die 1984 mit "Lords Of Sin" einen rückblickend stärkeren (zwischenzeitlichen) Abgesang veröffentlichten, als er ursprünglich wahrgenommen wurde.
Das bei seiner Erstveröffentlichung zwiespältig rezipierte Werk ist eigentlich über alle Zweifel erhaben, auch wenn man ihm anmerkt, aus welcher Ära es stammt. WITCHFYNDE schielten nicht nur mit dem hymnischen Beinahe-Titelstück zu Beginn bis zu einem gewissen Grad auf die Klientel jener sogenannten Arena-Rocker, die im weiteren Verlauf der 1980er Stadion- und Großhallen-Gigs der Superlative abreißen sollten. Das mit auffallend viel Hall unterlegte Schlagzeug entspricht gleichsam dem Produktionszeitgeist der Dekade, obgleich man in keiner Weise von einem glattgebügelten Sound sprechen kann.
Ihre exzentrische Ader behält die Band wohlgemerkt immerzu. Die Strukturen der Songs sind nicht unbedingt sperrig, doch die meisten mäandern über mehre Umwege hinweg auf die Zielgerade, obwohl im Zentrum immer ein relativ leicht eingängier Refrain steht; dafür hatte Luther Beltz schließlich von jeher ein feines Händchen.
Ferner machen kräftig zupackende Tracks wie 'Stab In The Back' oder der programmatische Stampfer 'Hall Of Mirrors' im Dio-mäßigen Zweivierteltakt ausdrücklich klar, dass sich WITCHFYNDE in erster Linie als Metal-Band verstanden. Vermutlich war den Mitgliedern sowieso klar, dass sie angesichts ihrer subtil okkulten textlichen Ausrichtung und allein schon vom Aussehen her keinen Stich gegen die Genration Haarspray haben würden. Hätte jemand wie Bon Jovi beispielsweise eine Nummer der Marke 'Blue Devils' interpretiert, wäre sie ein Chart-Hit geworden.
Nach dem missglückten Re-Release in der Reihe "Mausoleum Classix" erhielt das Material endlich ein amtliches Mastering von Manilla-Road-Drummer und Szene-Triebfeder Andreas Neudert; vier Live-Tracks in ebenfalls anständiger Klangqualität runden diese ultimative Neuauflage ab.
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FAZIT: WITCHFYNDEs "Lords of Sin" ist ein zu Unrecht abgekanzeltes und in seiner Janusköpfigkeit (Metal meets Hardrock-Mainstream) ein nicht nur historisch interessantes Album aus der Endphase der NWoBHM bzw. sogar Post-NWoBHM. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/c39c9c0a6de8443695baa36194cc9533" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.07.2020
GoldenCore / Zyx
58:22
17.01.2020