Auf ihrem vierten "Album" (arg kurz ausgefallen ist es, aber das gibt innerhalb des zugrundeliegenden konzeptionellen Rahmens Sinn) haben ZOLLE nichts von ihrer exzentrischen Art eingebüßt, und wer angesichts ihrer Konstellation zu zweit hittigen Kompakt-Rock wie von Death From Above oder sogar anachronistischen Garagen-Blues der Marke White Stripes erwartet, hat sich tief in den Finger geschnitten.
Schlagzeuger Ste und Gitarrist Marcio entwerfen ein am Katalog der 1990er-Kultplattenfirmen Man's Ruin, Amphetamine Reptile und vielleicht auch Dischord orientiertes Klanggebilde, das zwar liedhaft angelegt, aber weiterhin so sperrig ist, wie man das Duo kennt. Die beiden klingen verschroben wie jüngst auch ein anderes, schon länger existierendes Zweigespann vom Stiefel: oVo mit ihrer neuen LP "Miasma", die vergleichbar avantgardistisch zu Werke gehen.
"Macello" ("Schlachthaus", "Durcheinander") ist wie gesagt Song-orientierter und zeichnet sich durch einen schwungvollen Groove vom Start weg aus. Innerhalb kaum einer halben Stunde entfaltet sich vor allem der Klampfer und Sänger - Texte gibt's wenig zu hören, die Platte bleibt über lange Strecken rein instrumental - zur Gänze, denn seine Harmonien machen die meistens knallig kurzen Songs jeweils voneinander unterscheidbar.
Herausgekommen sind mit der Dampfwalze 'M'io', dem dissonant Haken schlagenden 'L'ama' und der donnernden Wah-Wah-Orgie 'L'aura' zum Schluss mindestens drei der am wenigsten offensichtlichen Ohrwürmer, die in jüngerer Zeit von einer harten Band (zumal ohne richtige Vocals) fabriziert wurden.
Die Scheibe soll ein Spiegel der "conditio humana" sein bzw. die Widersinnig- und -sprüchlichkeit unserer Existenz aufzeigen - Ende und Anfang, Tod und Leben, Pech und Glück miteinander versöhnen. Letztlich klingt sie einfach nur aufbauend, extrem spannend und bei Weitem nicht so wirr, wie ihr Plattentitel suggeriert.
FAZIT: ZOLLE sollten sich all jene ganz dick auf dem "hören muss"-Zettel vermerken, die unkonventionellen Minimal-Rock mit maximaler emotionaler Wirkung suchen, denn wenn "Macello" eines ist, dann eine einzige Hymne an die Kraft des Lebens, egal wie man sich verbiegen muss, um es stilistisch zu beschreiben. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/46d3ec9e2a574505be23e838adac539c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.03.2020
Subsound
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03.04.2020