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Årabrot: Norwegian Gothic

Stil: Noise Rock, Rock’n'Roll, Artrock

Cover: Årabrot: Norwegian Gothic

„ÅRABROT sind Kjetil „Tall Man“ Nerbes und Karin „Dark Diva“ Park. Sie leben zusammen mit ihren beiden Kindern in einer Kirche auf dem schwedischen Land. Rock'n'Roll ist ihre Religion.“

So knapp, so pathetisch, so passend ist dieses Statement des Labels. Doch zunächst zur Band. Benannt nach einer Mülldeponie im norwegischen Haugesund, der Heimat von Kjetil Nerbes, machen alleine der Bandname und das aktuelle Lebensumfeld der beiden Musiker die Polarität dieser Band deutlich. Der Dreck, der Schmutz, das Ausgestoßene, das sich im sprichwörtlichen Müll wiederfindet, wird auf „Norwegian Gothic“ vor allem in den Texten aufgearbeitet, wohingegen die Musik das intime, innige Familienleben in einem Sakralgebäude vertonen könnte.

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Als musikalische Referenzen taugen Gothic und Rock'n'Roll genauso wie Punk, Noise Rock und Industrial. Und doch ist die Musik vor allem eins: Eigen.
„Norwegian Gothic“ steht in seiner Gesamtheit für das bedingungslose Ausleben von künstlerischem Drang, ohne sich irgendwelche Scheuklappen aufzusetzen. Würde sich eine Parallele zur bildenden Kunst ziehen lassen, wären Surrealismus oder auch psychedelische Kunst passende Schlagworte. Denn sowohl in der Musik von ÅRABROT als auch in besagten Kunstgenres ist das individuelle Gefühl der Ausgangspunkt allen Schaffens.

Wie das klingt machen Songs wie das spooky „The Moon Is Dead“ deutlich. Reduziert, vom bluesigen Saxofon geprägt, hat die Musik was von einem Drogentrip. Farbenfroh, immer auf der Kante zum Absturz tänzelnd und gerade deshalb so fesselnd, so faszinierend. Auf der anderen Seite steht aber auch ausufernde, hochemotionale Rockmusik. „The Rule of Silence“ ist so eine Nummer. Ein brodelndes auf und ab, mal von ergreifender Wärme (die Gitarren), dann wieder beklemmend kalt (der Gesang in den Strophen) und immer ein bisschen wahnsinnig. Astreine Ohrwürmer der Marke „Feel It On“ oder das großartige „The Lie“ klingen zwar nicht minder düster, verleihen dem Album aber ein Stück Leichtigkeit, fast Unbekümmertheit.

Das alles ist insofern gleich noch ein bisschen surrealer, weil die Texte von Songs wie dem großartigen „Kinks Of The Heart“ oder „Deadlock“ alles andere als freudestrahlend oder gar lebensbejahend sind. Es gibt aber auch Lichtblicke. Zugegeben: Wenige, aber es gibt sie. „Hallucinational“ wäre einer davon. Auch hier ist der Text kaum positiv, aber in diesen Worten liegt eine Kraft, ein trotziger Wille zum Leben und sei es nur als Halluzination. Verträumt, immer pendelnd zwischen Martyrium und Mysterium wandelt die Musik dem Untergang entgegen. Das macht auch das Outro „You’re Not That Special“ nochmal überdeutlich.

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FAZIT: Selten klang die Polarität des Lebens eindringlicher. Das Leben ist Schmerz, das Leben ist Widerstand. Das Leben ist aber auch Liebe und Dankbarkeit. Und irgendwo dazwischen findet sich Rebellion als Ausdruck des individuellen Seins, eines unerbittlich schlagenden Herzens. Das alles und noch viel mehr findet sich in der Musik von ÅRABROT wieder. „Norwegian Gothic“ ist ehrlich, aufrichtig und klug. Aber es ist auch fantastisch, surreal und größenwahnsinnig. Und genau dieser Ritt auf der Rasierklinge ist es, der die Musik so spannend und faszinierend macht und der außerdem dafür sorgt, dass sie für jede individuelle Lebenslage relevant ist.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.12.2021

Tracklist

  1. Carnival Of Love
  2. The Rule Of Silence
  3. Feel It On
  4. The Lie
  5. The Crows
  6. Kinks Of The Heart
  7. Hailstones For Rain
  8. The Voice
  9. Hallucinational
  10. (This Is) The Night
  11. Hard Love
  12. Impact Heavily Onto The Concrete
  13. Hounds Of Heaven
  14. Deadlock
  15. The Moon Is Dead
  16. You’re Not That Special

Besetzung

  • Bass

    A.P Macarte

  • Gesang

    Karin “Dark Diva” Park, Kjetil “Tall Man” Nernes

  • Gitarre

    Kjetil “Tall Man” Nernes

  • Keys

    Karin “Dark Diva” Park

  • Schlagzeug

    Joakim H. Johansen

  • Sonstiges

    Jo Quail (Cello)

Sonstiges

  • Label

    Pelagic Records

  • Spieldauer

    56:51

  • Erscheinungsdatum

    28.01.2021

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