Weil die Feste nicht immer genau so fallen, wie man sie feiern will, bringen CALLEJON schon Ende 2021 ein Jubiläumsalbum anlässlich ihrer Gründung heraus, die sich allerdings erst im kommenden Jahr zum 20. Mal jährt. Dabei macht es sich Deutschlands Mainstream-Metalcore-Combo schlechthin einfach und bündelt schlicht ihre erste beiden Veröffentlichungen miteinander, wobei das Remastering mal wieder obligatorisch ist, aber im Grunde genommen gar nicht notwendig war.
Andererseits sind beide Releases schon lange nicht mehr offiziell erhältlich, weshalb sie unter Sammlern zu hohen Preisen gehandelt werden. Insofern ergibt "Retrospektive" als Neuauflage definitiv Sinn, auch wenn der Doppeldecker auf den ersten Blick ein typisches "Geburtstagsgeschenk" darstellt. Unabhängig davon ist eine neuerliche Beschäftigung mit den ersten Songs der Band insofern interessant, als sie teils Aufschluss über den Grund für ihre Langlebigkeit gibt.
Das Debütalbum „Willkommen im Beerdigungscafé“ (2006) war für ein solches allzu typisch - überdreht, streckenweise übermotiviert und just dadurch charmant. CALLEJON haben hiermit die Grundsteine für ihren längst viel raffinierter gestrickten und klanglich edler in Szene gesetzten Stil gelegt - schwülstig melodisch gesungene Refrains, herbes Geschrei aus der Emo-Ecke, deutschsprachige Texte mit einiger Selbstironie und eigentlich völlig kraftloses, aber für ihr Genre gängiges Single-Note-Gedudel wie Iron Maiden oder Thin Lizzy für Arme auf Koks (oder so…).
Paradebeispiele für diese Gangart sind der thrashige Opener ´Es regnet´ und das knüppelnde ´Bitter macht lustig´, wobei Frontmann Basti zu sympathischem "Overacting" neigt; seine Stimme ist manchen Ideen, die er hat, noch nicht gewachsen, doch das soll sich auf der darauffolgenden EP „Fauler Zauber Dunkelherz“ (2007) ändern. Obwohl sich das Kurzformat tendenziell für Experimente anbietet, herrschte seinerzeit bei CALLEJON eher Konsolidierung. Vor allem ´Spiel mir das Lied vom Leben´ und in ´In dunklen Wasser brennt ein Licht´ kanalisierten ihr Ungestüm in besser geordnete Bahnen, sodass der künftigen regelmäßigen Unterwanderung der Pop-Charts nichts mehr im Wege stand.
FAZIT: Für zu spät gekommene CALLEJON-Fans ist die nun vorliegende Neuauflage der ersten beiden Veröffentlichungen der nordrhein-westfälischen Pop-Metal-Stars eine sinnvolle Angelegenheit, aber auch diejenigen, die seit Beginn dabei sind, dürften sich an den obendrein hübsch aufgemachten Sammlereditionen (Vinyl!) ergötzen. <img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/cd4ab3f000d84202987300586cfe2bc0" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.11.2021
Thorsten Becker
Bastian Sobtzick
Bernhard Horn
Warner
59:25
19.11.2021