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Canzoniere Grecanico Salentino: Meridiana

Stil: Folk, Weltmusik, Ethno

Cover: Canzoniere Grecanico Salentino: Meridiana

<b>„Canzoniere Grecanico Salentino werden mit 'Meridiana' zum zeitgenössischen Geschichtenerzähler des heutigen Italiens.“</b> (Absolut zutreffender Auszug aus dem Pressetext)

Die 1975 von der Schriftstellerin Rina Durante im italienischen Salento gegründete Band mit dem sperrigen Namen CANZONIERE GRECANICO SALENTINO (CGS) scheint auf der Sonnenseite des Musik(er)-Lebens zu stehen, wenn man seinem Album den Titel 'Sonnenuhr' „Meridiana“ verleiht, während doch gerade in letzter Zeit sich mehr die Schattenseiten unseres Lebens mit Pandemien und Klimakatastrophen offenbarten. Seit 2007 wird CGS vom Schlagzeug spielenden Geiger MAURO DURANTE geleitet, der Nachfolger seines Vaters Daniele ist und zugleich musikalischer Assistent von EINAUDI war und nun mit „Meridiana“ ein Konzept-Album vorlegt, das sich rund um die Zeit – vom Anbeginn bis zum endgültigen Ende – dreht.

Auch dauerte es eine verdammt lange Zeit, bis CGS, die ihre traditionelle süditalienisch-apulienische Folk(Volks-)musik samt der entsprechenden Instrumente mit modernen Electro- und Pop-Rhythmen sowie typischen, sehr abwechslungsreichen Gesängen (und bei Liveauftritten auch immer mit einer Tänzerin) vermischen, endlich eine größere Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteilwurde. Grundlage ist in ihrer Musik oft der Pizzica, ein sehr beliebter italienischer Paar-Volkstanz, der ursprünglich von der Halbinsel Salento in Apulien, woher die nunmehr sehr breit aufgestellte Band kommt, stammt.

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2018 jedenfalls gewannen CGS, die bereits gemeinsam mit LUDOVICO EINAUDI oder dem POLICE-Schlagzeuger STEWART COPELAND auftraten, die Songline Music Awards als 'Beste Live-Band' und begeisterten mit ihrem Abschlusskonzert für die 'BBC Proms 2019' in der Royal Albert Hall oder traten in Italien schon vor mehr als 100.000 Menschen beim 'La Notte Della Tarranta'-Festival, initiiert von Einaudi, auf.

Die Entstehung der Sonnenuhr-Geschichte beginnt in den finsteren Zeiten des Jahres 2020, in denen es virusbedingt unmöglich war, als Band zusammenzukommen. Darum auch der hoffnungsvolle Titel „Meridiana“, der sich auf die Relation von Bewegung und Raum bezieht, die sich in 12 Stücken, den 12 an einer Sonnenuhr angezeigten Stunden entsprechend, verwirklicht.
Jede Menge Tamburine und Rahmentrommeln in den unterschiedlichsten Formen und Größen erwarten einen, deren Aufgabe speziell darin besteht, den impulsiven Herzschlag von Zeit und Musik darzustellen.
Violinen und Akkordeon – ebenfalls die Musik von CGS maßgeblich bestimmende Instrumente – mischen sich genauso ein wie Zupf- und Blasinstrumente sowie der volkstümliche männliche und weibliche Gesang. So gesehen alles traditionell. Doch dann besticht „Meridiana“ mit modernen Klängen, wie Synthie-Bässen, Loops, Electronics, sogar E-Gitarre. Und wer glaubt, dass diese Alt-Neu-Kombination nicht funktionieren könnte, der hat bisher noch nicht „Meridiana“ von CANZONIERE GRECANICO SALENTINO gehört.

Bereits der Album-Opener „Balla Nina“ verknüpft Traditionelles und Zeitgenössisches zu einem explosiv-dynamischen Mix, welcher – auch durch die ausgezeichnete Sound-Abmischung auf Vinyl – einem erst wie ein eruptiver Vulkan entgegenschlägt und dann voll fragiler Schlichtheit bezaubert.

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Und dann greifen mit den weiteren Songs die Titel wie die angezeigten Stunden der Sonnenuhr ineinander, die mal deutliche Schatten-, aber auch viele Sonnenseiten haben. Der Pizzica kann eben nicht nur flott, sondern auch ruhig, etwas traurig und nachdenklich getanzt werden. Hauptsache die Bewegungen der beiden Tänzer sind genauso wunderbar aufeinander abgestimmt wie die Musik von CGS, nach der sie sich bewegen dürfen. Oder müssen. Denn „Meridiana“ reißt einen beim Hören mit – so als wäre man mit Alexis Sorbas dem Sirtaki-Tanz verfallen.

Gesungen wird natürlich die Tradition wahrend in italienischer Sprache, was musikalisch für volle Authentizität sorgt, den meisten von uns aber leider die Möglichkeit nimmt, die Texte zu verstehen. Auch auf der LP bzw. der sehr einfach gestalteten Innenhülle sind sie dummerweise nicht in der Originalsprache oder englischen Übersetzung zu finden. Das ist insoweit traurig, da spätestens seit dem zutiefst beeindruckendem „Solo Andata“ aus dem Jahr 2014 klar ist, dass CGS in ihren Texten viel zu sagen haben und auch unerbittliche Kritik üben können, wie in diesem Falle zum Umgang mit den Flüchtlingen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um über das Meer in eine neue Freiheit zu gelangen, welche wir Wohlstandsbiedermänner/frauen ihnen aus Angst um unsere eigenen Pfründe verwehren: „Einer von uns sagte im Namen aller: 'Du wirst mich nicht los. Und auch wenn ich sterbe, werde ich doch immer wieder zurückkehren.'“

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So ist es dann auch kein Wunder, dass nach dem bombastischen Album-Start das Ende ein ganz ruhiges ist: die wunderschöne, von ALESSIA TONDO gesungene Ballade „Meridiana“, welche dem Album seinen Titel und dem Menschen den ersten Zeitanzeiger bescherte.
Ein zeitloses Album ist es geworden, dieses „Meridiana“, auch wenn es sich ausschließlich um die Zeit dreht!

FAZIT: Wir begeben uns mit CANZONIERE GRECANICO SALENTINO (CGS) und ihrem Album „Meridiana“ nicht etwa auf die Sonnenseite der Musik, auch wenn es aus dem Italienischen übersetzt 'Sonnenuhr' heißt. CGS vereinen die traditionelle süditalienisch-apulienische Volksmusik, deren Grundlage der Paartanz Pizzica ist, samt der entsprechenden Instrumente (Geigen, Flöten, Akkordeon, Drehorgeln, Rahmentrommeln, Tamburine) mit modernen Electro- und Pop-Rhythmen (durch Elektronik-Experten GIACOMO GRECO organisch mit dem Folk-Bandsound verschmolzen) sowie typischen, sehr abwechslungsreichen Gesängen. Eine hypnotische Mischung aus tanzbarer Weltmusik, Italo-Folk und Electro-Pop, aber auch nachdenklichen italienischen Texten, welche sich konzeptionell um das Thema Zeit (vom Leben bis zum Tode) bewegen, der man sich als multikultureller Musikfreigeist absolut nicht entziehen kann.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.09.2021

Tracklist

  1. <b>Seite A</b> (22:27):
  2. Balla Nina (3:42)
  3. Orfeo (4:55)
  4. Pizzica Bhangra [ft. Red Baraat] (2:46)
  5. Lu Sittaturu (3:13)
  6. Ninnarella (4:34)
  7. Stornello Alla Memoria (3:17)
  8. <b>Seite B</b> (21:40):
  9. Vulía (4:02)
  10. Quannu Camini Tie (4:23)
  11. Tic E Tac [ft. Enzo Avitabile] (3:12)
  12. Ntunucciu (4:06)
  13. Ronda (2:52)
  14. Meridiana (2:55)

Besetzung

  • Bass

    Valerio Bruno

  • Gesang

    Mauro Durante, Emanuele Licci, Alessia Tondo, Giancarlo Paglialunga

  • Gitarre

    Emanuele Licci, Justin Adams

  • Keys

    Giacomo Greco

  • Schlagzeug

    Mauro Durante, Alessia Tondo, Antonio De Marianis

  • Sonstiges

    Giulio Bianco (Mundharmonika, Dudelsack, Flöten), Mauro Durante (Geige), Massimiliano Morabito (Drehorgel), Giancarlo Paglialunga (Tamburin), Red Baraat (Bläser)

Sonstiges

  • Label

    Ponderosa

  • Spieldauer

    44:07

  • Erscheinungsdatum

    27.08.2021

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