Ist es wirklich am Pulsschlag der Zeit, dieses Album von CLASOE – federführend bestehend aus dem Duo CLARA JOHN und PETER SOELTL – das es sich zur Aufgabe macht, getreu dem ZAPPAschen Grundgedanken des totalen musikalischen Freigeistes, hemmungslos die unterschiedlichste Musik-Stilistiken zu fusionieren und zu einem spannenden Gebräu zwischen Prog, Trip Hop, Jazz, Akustischem, Electronics und vielem mehr zu verquicken?
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Allerdings lässt einem gerade mal eine gute halbe Stunde Spielzeit nicht wirklich viel Freiraum, um bei solcher 'Artenvielfalt' ein eindeutiges Urteil zu treffen, außer dass man viel Spannendes und Leidenschaftliches zu hören bekommt, das einen in seinen besten Momenten richtig zu fesseln vermag.
Also: ein schönes Album ist es allemal, gerade auch wegen der vielen jazzfreudigen Verspieltheit, wohingegen der Gesang von Frau John nicht wirklich zum Allerbesten gehört, was sich in der vokalen Szene so herumtreibt. Und wenn man seinem Album noch nicht einmal ein Textblatt beifügt oder die Lyrics wenigstens auf der Hülle abdruckt, dann scheinen die Aussagen hinter den Songs ja nicht ganz so wichtig zu sein.
Dabei besitzt die Musik so viele unglaublich spannende Momente, die in den allerbesten Phasen einen immer wieder an PORTISHEAD erinnern und eine ganz ähnliche, regelrecht hypnotische Atmosphäre verbreiten, während der sogar beispielsweise bei „Blind“ Trompetentöne auftauchen, die an einen ganz großen seines Jazz-Fachs erinnern: MILES DAVIS.
Die Arrangements der einzelnen Songs – manchmal sehnt man sich bei diesen vielen oftmals viel zu kurzen Titeln auch mal nach einem richtig schön verspielten Longtrack – tragen einen wirklich progressiven, mutigen Charakter in sich. Da schielt niemand nach einem flotten Pop-Hit von kurzer Haltbarkeit. Viele Melodien setzen sich ins Ohr, bleiben dort hängen und versprühen ein feines JAZZMATAZZ-Flair, wenn sogar plötzlich bei „Walk The Line“ der Rap samt dem Gesang von GRAVES 33 die (Aus-)Richtung übernimmt. Und selbst diese Klangfarbe passt und malt das dunkle „Pulse“-Album-Cover vor dem geistigen Auge richtig bunt an. Leider wird gerade dieser Titel kurz nachdem richtig gute Bläsersätze beginnen, ausgeblendet, um dem abschließenden „Dahlia“ mit viel akustischer Gitarre noch ein fesches Latino-Flair zu verpassen.
Bitte mehr und Längeres davon.
Ein Debüt-Album, das viel verspricht, vieles davon hält, sich aber leider viel zu früh auch wieder verabschiedet.
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FAZIT: Da haben sich zwei gefunden, die an musikalischen Ideen und stilistischer Vielfalt nur so übersprudeln. Nur mit der Zeit haben sie es noch, die lassen sie zu schnell durch ihre musikalischen Finger rinnen. CLARA JOHN und PETER SOELTL debütieren als CLASOE mit ihrem abwechslungsreichen Debüt-Album „Pulse“, das ganz unterschiedliche Musikstile zu einer spannenden Mixtur aus Prog, Trip Hop, Jazz, Akustischem, Electronics und vielem mehr vereint und sich über die leidenschaftliche Hintertür den großartigen PORTISHEAD zärtlich annähert.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.09.2021
Timon Krämer
Clara John, Graves 33
Nils Stockmann
Gleb Tchepki, Clara John
Peter Soeltl
Torsten Stuckenholz (Bouzouki), Jens Buschenlange (Trompete), Jan Bostelmann (Saxophone), Svenja Burmester (Posaune)
MIG Music
31:34
10.09.2021