Ein beeindruckendes Musterbeispiel an musikalischer Effizienz, inhaltlicher Relevanz und produktionstechnischer Ökonomie leistet sich Altmeister DAVID CROSBY mit seinem neuesten Werk „For Free“.
Unterstützt von seinem Sohn JAMES RAYMOND und einigen interessanten Gästen, wie z.B. Pedal-Steel-Virtuoso GREG LEISZ, MICHAEL MCDONALD und DONALD FAGEN (STEELY DAN) – aber auch SARAH JAROSZ – gelang CROSBY eine perfekt getimte, ungezwungen zeitlose, aber auch musikalisch anspruchsvolle Songsammlung, die man in dieser Qualität wohl nur hinbekommen kann, wenn man
a) niemandem mehr etwas beweisen muss,
b) über 60 Jahre musikalischer Routine verfügt,
c) nach wie vor etwas zu sagen hat und
d) vielfältige interessiert und vor allen Dingen neugierig geblieben ist.
War das letzte Album der Songwriter-Legende noch eine eher meditativ ausgerichtete Angelegenheit, so gehen CROSBY & Co. für das neue Album wieder in die Vollen. Mit jazziger Leichtigkeit und einer zuletzt ungewohnten, aber transparenten Opulenz schaffen es die Musiker, in etwas über einer halben Stunde ein breitgefächertes, kurzweiliges Potpourri an Stimmungen, Stilen und Sounds in betont effektiven 4-Minuten-Songs einzufahren.
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Insbesondere CROSBYS Entscheidung, sich zunehmend auch mit mehreren Generationen von jüngeren Musikern zu verständigen (die er spätestens mit seinem 2016er Album „Lighthouse“ begründete), sorgt dabei immer wieder für Impulse, die DAVID CROSBY auch mit 80 Jahren immer noch relevant erscheinen lassen.
Bemerkenswert ist zudem, dass sich CROSBY erneut nicht alleine in den Mittelpunkt rückt: Obwohl er nach wie vor mühelos intelligente, spirituelle und philosophische Ideen in Songformate packen kann (wie z.B. „Secret Dancer“ in dem es CROSBY schafft, Themen wie künstliche Intelligenz, Science Fiction, Gender Identity und Eskapismus schlüssig zu verquicken), wählte er den Song „For Free“ seiner Freundin JONI MITCHELL als Titeltrack, den er dann mit SARAH JAROSZ im Duett singt.
„Rodriguez For A Night“ ließ er sich von DONALD FAGEN für dieses Projekt schreiben – und ermöglichte FAGAN nach dem Tod von WALTER BECKER damit einen authentischen STEELY DAN-Moment.
Die abschließende Meditation zum Thema ORPHEUS & EURIDIKE „I Won't Stay For Long“ schrieb schließlich JAMES RAYMOND für seinen Papa und legte sich dafür zum Dank gesanglich besonders ins Zeug, sodass er dieses Lied zu seinem „Lieblingssong auf der Platte“ erklärte.
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FAZIT: Im Rahmen der Pandemie und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit sah auch DAVID CROSBY sich gezwungen, die Rechte an seiner Musik zu veräußern, um, wie er behauptet, seine Hypotheken bezahlen zu können. Sei es drum: CROSBYs persönliche Probleme – von den es ja nicht gerade wenige gibt – haben ihn noch nie davon abgehalten, auf kreative Weise musikalisch tätig zu werden. Das brillante „For Free“ legt davon wieder ein mehr als beredtes Zeugnis ab.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.07.2021
James Raymond
David Crosby
James Raymond
James Raymond
Gary Novak, Abe Laboriel Jr., Steve Di Stanislao
BMG
37:25
23.07.2021