Man muss KADAVAR ungeachtet des Hypes, den ihr ehemaliges Label um sie gemacht hat, mehreres zugute halten. Erstens entwickeln sie sich innerhalb ihres beschränkten Rahmens - klassischer Hardrock in Trio-Besetzung - stetig weiter, weshalb sie auf ihren letzten beiden Alben eine schier atemberaubende klangliche Breite erzielt haben; zweitens wissen sie um die Bedeutung des Austauschs mit Gleichgesinnten, weshalb sie wiederholt bei Konzerten mit erweiterten Line-ups spielten und jetzt auch eine Platte in diesem Sinne gemacht haben.
Daher auch das neue Kunstwort ELDOVAR als Verschmelzung ihres Namens mit jenem der amerikanisch-deutschen Combo ELDER: "A Story Of Darkness & Light" enstand wie schon die spannenden "The Isolation Tapes" während der Pandemie beziehungsweise im damit einhergehenden Lockdown. In Ermanglung von Auftrittsmöglichkeiten und mehr Ventilen zum Ablassen von kreativem Dampf taten sich die drei deutschen mit dem US-stämmigen Nick DiSalvo und seiner Truppe zusammen, um einen waschechten Kraut-Psych-Brocken zu behauen.
Wobei… die größtenteils langen Tracks auf dem Debüt des Sextetts (wird es zu weiteren Kollaborationen in derselben Konstellation kommen?) wirken nur insofern auf Kompaktheit bedacht, als ihnen erkennbare Grundideen als Ausgangspunkte dienen, von denen die Musiker dann zu ausufernden Sound-Abenteuern aufbrechen. So schrauben sich die beiden verträumten Longtracks ´From Deep Within´ und ´Blood Moon Night´ in jeweils etwas unter und über zehn Minuten zu rauschhaften Heavy-Rockern mit fein ziselierten Gitarrenleads, enorm variablem, ja regelrecht progressivem Drumming und ätherischen Vocals hoch.
Unterdessen denkt man ein ums andere Mal an die ganz frühen und noch sehr space-rockigen Pink Floyd - bloß in härterer Form und absolut gegenwartsrelevant. KADAVAR profitieren in den kürzeren Kompositionen von der Musikalität der ELDER-Mitglieder, sodass dem Ensemble eine traumschöne akustische Nummer wie ´In the Way´ ebenso gelingt wie eine gleichsam bezaubernde Piano-Preziose à la ´Cherry Trees´
´El Matador´ klopft zusammen mit ´Rebirth of the Twins´ als Musik gewordener Hauch von nichts an die elektronische Berliner Schule an, ehe das gespenstische ´Raspletin´ die Ambient-(Nicht)-Strukturen in geordnete Bahnen lenkt.
FAZIT: Ein aufregendes Psychedelic-Rock Album mit ruppigen Einschlägen und somit genau die perfekte Balance von Extremen, die auch KADAVAR und ELDER selbst verkörpern. Experimentierfreude unter kontrollierten Rahmenbedingungen in fantasievolle Musik zu gießen… wenn man Covid-19 etwas Positives abgewinnen möchte, dann dass die daraus resultierenden Umstände Kunstschaffenden tatsächlich Zeit geben, um etwas Zeitloses zu Werke zu bringen. <img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/5b9460dd9aa64057bfbbdb22b2869113" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.11.2021
Simon Bouteloup, Michael Risberg, Nick DiSalvo, Lupus Lindemann, Tiger Bartelt, Georg Edert
Robotor / Rough Trade
50:25
03.12.2021