Während Edgar Allan Poe (THE ALAN PARSONS PROJECT „Tales Of Mystery And Imagination“, Peter Hammill „Fall Of The House Of Usher“) und H. P. Lovecraft (PAYNE‘S GRAY „Kaddath decoded“) im konzeptuellen Progressive Rock wiederholt Erwähnung fanden, blieb eine Würdigung Stephen Kings meist dem Heavy Metal und einzelnen Songs vorbehalten. Dabei bieten sich Kings Werke (wie die von Clive Barker) für Konzeptalben geradezu an. FLAMING ROW haben dies erkannt und widmen sich auf „The Pure Shine“ Kings Magnum Opus „Dark Tower“ („Der dunkle Turm“), jener langlebigen Reihe um den „letzten Revolvermann“ Roland und seinen Gegenspieler, den infamen „Mann in Schwarz“.
Herausgekommen ist ein stattliches Werk, das zwischen den Polen Prog, Folk-, Weltmusik und dezentem Metal gekonnt changiert. Auch gesanglich wird geklotzt, nicht gekleckert. Da finden sich handfeste Shouter (u.a. Gary Wehrkamp von SHADOW GALLERY und PAIN OF SALVATIONs Johan Hallgren), komplexer Chorgesang, der gerade zu Beginn an GENTLE GIANT gemahnt und natürlich die Circe Melanie Mau. Wie kaum anders zu erwarten, ist die Präsentation gekonnt und abwechslungsreich. Das gilt auch für die Musik.
Hauptkomponist Martin Schnella hat ganze Arbeit geleistet und fährt ein umfangreiches Arsenal an Tonfarben, Instrumenten und Melodien auf. Besondere Highlights sind die Ausflüge in den keltisch-irischen Folk, die klassisch instrumentierten Passagen sowie Marek Arnolds Saxophon, das einmal mehr für bestechende, leicht jazzige Akzente sorgen. Schnella selbst gefällt als bewanderter Gitarrist, der locker zwischen Fragilität und antreibendem Krachmacher wechseln kann. Wobei die metallischen Momente nicht knüppelhart geraten.
Das einzige, was man dem Album vorwerfen kann, ist, dass es etwas zu licht daherkommt, vor allem wenn man bedenkt wie oft der „Man In Black“ sein Unwesen treibt und zitiert wird. Aber das macht angesichts der möglichen Entdeckungen, die an allen Ecken und Enden lauern, kaum etwas aus.
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FAZIT: „The Pure Shine“ ist ein exorbitantes Fest für die Ohren. Vollgepackte 73 Minuten, die zudem exzellent klingen. Trotz der überbordenden Aktivitäten bleibt der Sound durchsichtig und verkommt nie zu Breipampe. Progressiver Rock für Schöngeister, die Folk wie einem gerüttelt Maß an Härte nicht abgeneigt sind. So lasse ich mir ein Musical gefallen.
Die Bonus-CD mit der instrumentalen Variante des Konzeptwerks ist eine nette Dreingabe. Nervt und schmerzt nicht und lädt zur genießerischen Jause ein. Doch machen die vielfältigen Gesangsbeiträge das Salz in der Suppe des Mannes in Schwarz aus.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.04.2021
Lars Lehmann, Dave Meros
Melanie Mau, Martin Schnella, Siobhán Kennedy, Johan Hallgren, Glynn Morgan, Alexander Weyland, Mathias Ruck, Ossy Pfeiffer, Gary Wehrkamp, Leo Margarit, David Anderson, Anish Jewel Mau, Jimmy Keegan
Martin Schnella
Marek Arnold
Niklas Kahl, Jimmy Keegan
Marek Arnold (Sax, Strings), Jimmy Keegan (Cajon), José Pepe Jimenez, (Latino Percussion), Nathan Brenton (Cello), Eric Brenton (Violin, Viola), Jens Kommnick: Low Whistle (1, 3, 4, 6), Tin Whistle (3, 6), Uilleann Pipes (3, 4, 6), Cello (1, 3, 5), Violin (1), Mandolin (3, 6) Fabian Gödecke (Marching Toms), Jens Kommnick (Whistles, Uilleann Pipes, Cello, Violin, Mandolin)
Progressive Promotion Records
CD1: 74:51/CD2: 70:54
10.12.2019