Das dritte Studioalbum der amerikanischen 1990er-Darlings GARBAGE feiert dieser Tage den 20. Jahrestag seiner Erstveröffentlichung und erscheint nun noch einmal in beträchtlich erweiterter Form. Mit insgesamt über fünf Stunden Spielzeit dürfte die teuerste Edition des TItels auf ewig die ultimative sein.
Rechtfertigt "beautifulgarbage" diesen Aufwand überhaupt? Falls man nur eines vom Hören des Originalalbums mitnimmt, dann die Erkenntnis, dass GARBAGE hervorragende SongwriterInnen waren (und im Übrigen immer noch sind, selbst wenn sie auf kommerzieller Ebene kleinere Brötchen backen). Danach kann man die Bedeutung der Platte zusätzlich damit rechtfertigen, dass die Band während der Arbeiten daran eine der ersten wurde, die ihr Schaffen öffentlich und medienwirksam per Weblog dokumentierten.
Davon abgesehen war der Kernsound - für seine Zeit typischer Alternative Rock (´Til the Day I Die´) im weiteren Sinn - einer facettenreicheren Mischung gewichen, die Einflüsse aus dem Art Pop (´Untouchable´)) - höre die bisher nicht offiziell freigegebene Version der seinerzeit ersten Auskopplung ´Androgyny´ -, Eighties-New-Wave (´Cherry Lips´) und sogar der Rap-Szene (´Shut Your Mouth´) geltend machte. Neben dem für solche Anlässe obligatorischen Remastering des Originalalbums bietet die Re-issue wie zu erwarten Single-B-Seiten, Demo-Schnipsel und alternative Abmischungen enthaltener Lieder.
Weitere Highlights sind das zwischen balladesk und knallhart changierende ´Silence Is Golden´, der halb elektronische Rocker ´Parade´ und der finale Leisetreter ´So Like a Rose´, der sozusagen fast rein organisch in Szene gesetzten Trip Hop zu Gehör bringt. Die Bündelung der B-Seiten erweist sich insofern als Glücksfall, als sich mehrere Perlen darunter finden, allen voran das fiebrig treibende ´Enough Is Never Enough´ neben den Live-Nummern ´Wild Horses´ und - abermals - ´Shut Your Mouth´
Von Shirley Mansons Ausstrahlung und Qualitäten als Sängerin zu schwärmen kommt dem vielzitierten Tragen von Eulen nach Athen gleich, also belassen wir es diesbezüglich bei der Einschätzung, dass die Vocals in den Remix-Tracks logischerweise oft nur eine Nebenrolle spielen, weshalb die dritte Extra-Scheibe der Neuauflage vorwiegend etwas für Klangforscher und dem Experimentellen zugetane Hörer ist. Als spektakulär erweist sich allerdings in der kompletten Box der elfminütige "Brothers In Rhythm Therapy Mix" von ´Breaking Up The Girl´)
Die 2021er Neuauflage von "beautifulgarbage" ist als Dreifach-Vinyl im sogenannten Deluxe-Boxset, auf Doppel-LP und herkömmlicher CD erhältlich.
FAZIT: 2001 reichten GARBAGE nach überstandener Brustkrebserkrankung ihrer Frontfrau ein Album ein, dessen "alles geht"-Ansatz in einer für die Musikbranche allgemein unsicheren Phase ein mutiges Statement war. In seiner expandierten Form verdeutlicht "beautifulgarbage" über seinen ursprünglichen Hit-Content - das Ding tummelte sich international in mehreren Charts, auch wenn es den Vorgänger "2.0" erfolgstechnisch nicht überbot - hinaus, dass die Band ihrer Zeit mit einem solchen Freischwimmer-Ansatz vorausgriff und Pionierarbeit in Sachen Electro-Pop-Rock mit Massenappeal leistete. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/a8e917c738bb4456864cf6c566500ccc" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.09.2021
Daniel Shulman
Shirley Manson
Steve Marker, Duke Erikson
Butch Vig, Matt Chamberlain
ADA / Warner
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05.11.2021