Sicherlich nicht ganz zu Unrecht wird die Songwriterin GINA ÉTÉ gerne mit ihrer Kollegin SOPHIE HUNGER verglichen. Hauptsächlich wohl deswegen, weil sie – wie SOPHIE – aus der Schweiz kommt und in ihren Songs gekonnt multilingual zwischen Englisch, Deutsch, Französisch und Mundart changiert und dabei in jedem Fall eine gute Figur macht.
Aber auch was den allumfassenden Ansatz in Bezug auf die möglichen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten zwischen Folkpop, Indie-Rock, Elektronik und jazziger Opulenz betrifft, gäbe es durchaus Parallelen.
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Nachdem GINA ÉTÉ 2019 eine stilistisch noch überschaubar komplexe EP namens „Oak Tree“ veröffentlichte, greift sie auf dem nun vorliegenden brillanten Debütalbum bereits in die Vollen und überrascht mit wagemutigen Experimenten, bei denen insbesondere das Gegenüberstellen unerwarteter Konstellationen im Zentrum steht. Unterstützt wurde sie auf der produktionstechnischen Seite dabei von dem Analog-Puristen JOHN VANDRSLICE, der Ginas komplex strukturierten Kompositionen in seinem Studio in San Francisco soundtechnisch nicht nur zusammenhielt, sondern mit den von der ausgebildeten Geigerin Gina selbst geschriebenen, die Songs auf abenteuerliche Weise umschmeichelnden Streicher-Arrangements (die etwa ein VAN DYKE PARKS auch nicht tänzerischer hätte ausformulieren können) zu einer schlüssigen Einheit verquickt.
In ihren Texten verdichtet Gina zudem die Erfahrungen, welche sie etwa als Klimaaktivistin und/oder Flüchtlingshelferin gesammelt hat, in klugen (weil nicht belehrenden, sondern lediglich beobachtenden) politischen Lyrics.
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FAZIT: GINA ÉTÉ bezeichnet ihre Musik als „Hybrid Pop“. Das ist ein recht passendes Label, denn GINA entscheidet sich – selbst innerhalb einzelner Songs – selten für einen bestimmten Stil, sondern fasst Elemente aus unterschiedlichsten musikalischen Welten zusammen bzw. stellt diese sich gegenüber; was zu einer erfrischenden Unberechenbarkeit ihrer Songs führt. Das liegt unter anderem auch daran, dass sie die Stücke zusammen mit ihren versierten Bandmitgliedern ausarbeitet und deren Ideen mit einbaut. Auf diesem Grund gehört „Erased By Thought“ dann sicherlich auch zu den spannendsten und kurzweiligsten organischen Indie-Pop-Scheiben der letzten Monate.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.05.2021
Phillip Klawitter
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21.05.2021