Acht Jahre nach seinem Debüt "Skull" in 2013 zeigt sich James Lollar, besser bekannt als GOST, abermals von einer anderen Seite, ohne das grundlegende Wesen seines Synthwave zu vernachlässigen. Der Amerikaner hat immer zu den finstersten und ruppigsten Vertretern dieses Stils gehört, während er sowohl entspannt versiert als auch scheinbar vorsätzlich rebellisch gegen den Klischee-Strom schwamm… was man nun ebenfalls in Bezug auf "Rites Of Love And Reverence" sagen darf.
Das Intro ´Bell, Book and Candle´ und später auch der Popo-Wackler ´November is Death´ wurden gemeinsam mit Sängerin Bitchcraft realisiert, doch Lollar wäre nicht er selbst, wenn sich die frischen Ansätze allein darauf belaufen hätten. Der mit echten (?) Gitarren sägende Doppelschlag aus ´Embrace the Blade´ und ´Coven´, wo das weitgefasste Thema Hexerei als grober konzeptioneller Rahmen des Albums seine vollständige Entfaltung zu erfahren scheint, entspricht seinem heimtückischen Duktus schon eher, derweil darüber hinaus nur eines sicher ist - dass man sich beim Hören eben zu keiner Zeit sicher wähnen sollte.
Der Künstler aus dem US-Bundesstaat Michigan kehrt eine glaubwürdige, weil dezente Melancholie hervor, die sich um seine warm-kalten Klangkonstrukte zu schmiegen scheint wie seine Stimme umgekehrt mit jenen von Gary Numan oder dem seligen Steve Strange (Visage) zu kuscheln scheint.
Die Soundtrack-Züge, die etwa ´We Are The Crypt´ trägt, empfehlen das Projekt erneut für die Untermalung eines postapokalyptischen Science Fiction-Streifens, wobei Lollar einerseits Eighties-Nostalgie propagiert, andererseits - und dies umso entschiedener - eher dystopische Bilder zeichnet.
Allerspätestens jetzt auf einer Stufe mit den Szene-Großmeistern Perturbator und Carpenter Brut.
FAZIT: "Rites Of Love And Reverance" ist nicht zuletzt in Anbetracht des handzahmen Finales ´Burning Thyme´ - mit müdem Gesang zu geschlagener Akustikgitarre und Streichern, die sich ums digitale Lagerfeuer scharen - GOSTs bislang facettenreichstes Werk und ganz einfach gesagt ein großer Wurf. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/3477d2e8c5e94958831c771d34a30428" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.08.2021
James Lollar
Century Media / Sony
44:06
13.08.2021