Auch dieses zweite Album macht deutlich, dass IDA MAE genau sowenig ein klassisches Blues-Projekt ist, wie die Vorgängerband KILL IT KID ein klassisches Rock-Projekt war. Seit CHRIS TURPIN und STEPHANIE JEAN die Band KILL IT KID ins Nirvana geschickt haben, ihr neues Projekt IDA MAE nach einem Song von SONNY TERRY benannten, heirateten, vom heimatlichen, britischen Bath in die Musikmetropole Nashville umsiedelten und sich dort intensiv mit der amerikanischen Musikkultur der Südstaaten beschäftigt haben, ist der Blues zwar nach wie vor eine prägende Inspirationsquelle – wird aber seither zunehmend liberal mit anderen Musikformen gemischt.
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Ein Grund für die bemerkenswerte musikalische Bandbreite, mit der IDA MAE dieses zweite Album garnieren, mag aber auch darin begründet sein, dass sich Chris und Stephanie gezwungen sahen, das Album zu Hause im Lockdown zu produzieren, nachdem auch sie eine gerade laufende Tour wegen der Pandemie abbrechen musste. Während der Titeltrack „Click Click Domino“ - ein sozialkritischer Song fast im Format eines Twitter-Statements (wie Chris es nannte) bereits vor der Pandemie entstand, entwickelten IDA MAE im Folgenden ein stilistisch breitgefächertes Songbook, in dem sie Politisches, Privates und Spirituelles auf musikalisch eher experimentelle Weise in Songform brachten.
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So finden sich im Instrumentarium des Duos neben Chris' Gitarrensammlung auch Mellotron, Omnichord, Banjo, Percussion, Piano, Synthies und eine Heimorgel inklusive analoger Rhythmusmaschine. Und wenn diese nicht zum Tragen kam, griff man auf die Mitarbeit von ETHAN JOHNS zurück, der das erste IDA MAE-Album „Chasing Lights“ produziert hatte – hier aber als Drummer aushalf.
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Reinrassige Blues-Songs – wie der Titeltrack oder „Mountain Lion Blues“ – finden sich kaum noch auf dieser Scheibe. Stattdessen gibt es Folk-, Psychedelia-, Rock-, Southern Swing-, Torchsong- und Gospel-Vibes im stilistischen Angebot. Und mit „Long Gone And Heartworn“ gelingt IDA MAE gar eine Art Punk-Blues wie ihn JON SPENCER auch nicht verwegener hinbekommen hätte.
„Click Click Domino“ ist dabei – auch wegen der Produktionsumstände – weniger konventionell ausgefallen als das letzte Album „Chasing Lights“, was sich allerdings aufgrund der ausgeklügelten Balance, mit der sich die beiden Musiker etwa die Aufgaben und die gesanglichen Beiträge aufteilen, die kompositorische Übersicht, die virtuosen spieltechnischen Fähigkeiten und nun auch das produktionstechnische Geschick aber letztlich als deutlicher Pluspunkt herausstellt.
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FAZIT: Schon auf ihrem letzten Album überraschten CHRIS TURPIN und STEPHANIE JEAN als wahre Meister darin, sich stilistisch und kollaborativ zu öffnen und sich aus ganz verschiedenen Richtungen inspirieren zu lassen – ohne dabei den Blues auch nur eine Sekunde als Grundlage ihres Tuns aus den Augen zu verlieren. Insbesondere was die Wahl ihrer Gäste betrifft beweisen IDA MAE dabei stets ein sicheres Gespür für wert-steigernde Beiträge guter Freunde. Auf dem letzten Album gastierte etwa DWEEZIL ZAPPA und auf diesem Album waren es JAKE KISKA von GRETA VAN FLEET und der Blues-Überflieger schlechthin, MARCUS KING, welche die gerne auch mal in Jam-Sessions ausartenden Songs von „Click Click Domono“ mit ihren Beiträgen bereicherten. Interessanterweise war es gerade MARCUS KING, der das Wesen von IDA MAE treffend zusammenfasste, denn es waren „die rohe Natur der Aufnahme, die Intensität und der herrliche britische Rocksound, mit dem ich aufgewachsen bin“, die es ihm besonders antaten. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.07.2021
Stephanie Jean Ward, Chris Turpin
Chris Turpin, Marcus King, Jake Kiszka
Stephanie Jean Ward
Ethan Johns
Thirty Tigers
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16.07.2021