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Jeanette Hubert: Home

Stil: Singer/Songwriter

Cover: Jeanette Hubert: Home

Ein Album, das den Titel „Home“ (Zuhause) trägt und mit dem Song „Homeless“ (Heimatlos) endet. Das lässt weit blicken und macht nachdenklich. Dass dies die volle Absicht der Berliner Songwriterin JEANETTE HUBERT ist, erschließt sich bereits nach dem ersten Hördurchgang ihres „Home“-Albums, welches auch eine DIANA KRALL oder ALIN COEN nicht besser hätten hinbekommen können. Und während zu dem Debüt der Berliner Liedermacherin „On The Run“ im Jahr 2016 'Jazzthing' bereits begeistert feststellte: „Selten bündelt eine Singer/Songwriter-Premiere so viele Lieder, die mit einfachen, schönen Melodien überzeugen und auch noch hörenswerte Texte enthalten“, fällt es eigentlich nicht schwer, genau dieses Fazit nunmehr auch locker auf „Home“ anzuwenden.
Doch in den vergangenen fünf Jahren hat sich allerdings so einiges getan, vieles gar zusätzlich entwickelt.

Das beginnt mit der Aufnahme des gesamten Albums, welches aus einer sich über den Song „By My Side“ – aufgenommen als YouTube-Splitscreen-Video – entstandenen Idee verwirklichte: „Mein nächstes Album werde ich auf genau diese Weise aufnehmen und zwar genau hier, bei mir Zuhause. Ich baute meine kleine Studio-Wohnung um in ein Studio mit gut tauglicher Akustik. Freunde haben mir mit zusätzlichem Equipment ausgeholfen und dann ging’s los. Da es hier um bestmögliche Audioaufnahmen ging, habe ich das Filmen dann weggelassen. Ich arbeitete parallel an ca. 30 Songs bis sich im Laufe der Zeit herausstellte, welche 11 auf mein Album 'Home' sollten. Den Albumtitel hatte ich eigentlich von Anfang an im Kopf.“

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„Home“ wird getragen von einer melancholischen, jedoch nicht weinerlich-jammernden, Stimmung, die sich in ruhigen, oftmals nur mit akustischer Gitarre oder einem Piano instrumentierten Songs entfaltet, welche oft wunderbare, leicht angejazzte Arrangements zur Grundlage haben.

Ob es nun das besungene Mondlicht ist, das auf einem etwas eigenartigen Erlebnis der Musikerin mit JAMES BAY basiert oder der „Hurricane“ ausbricht, der sich letztendlich tatsächlich als ein Liebeslied entpuppt, welches in großer Grandezza vorgetragen wird und für das die Berlinerin, die als Multiinstrumentalistin alle Prozesse bei der Entstehung des Albums selbst in die Hand nimmt, extra Kontrabass übte und einspielte sowie für das Acapella-Intro ein Vintage-Mikrofon verwendet, bei dem sich das Rauschen auch unter Anwendung modernster Technik nicht gänzlich unterdrücken lässt, ist im Grunde egal.

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„Home“ bezaubert mit der Ruhe, die in ihm wohnt und der Schönheit des Gesangs und der Texte, die sich in liebevoller Poesie dem Hörer nähern, dabei aber auch durchaus Themen aufgreifen, welche weniger schön sind, wie die Ängste und Entfremdungen bis hin ins Paranormale auf „What Is Real“. Im Grunde ein idealer Song für die nächste Folge von „Akte X“.

Oder „Of Keepers And Runners“ – ein Song der JEANETTE HUBERT besonders am Herzen zu liegen scheint. In ihm geht es um die Sehnsucht nach dem Modernen und Neuen, das dem Hang aber, sich an das Alte und Traditionelle zu klammern, permanent im Wege steht und die Entscheidung für das Eine oder Andere eben so schwer macht: „We are keepers of the old ways / How come we forget the way back“.

Und niemand wird wohl besser wissen, was sich hinter Lennons – noch kurz vor seinem Tode ausgesprochene Weisheit: „Leben ist das, was passiert, während man gerade ganz andere Pläne macht!“, steckt, als Frau Hubert.
Denn ganz kurz, bevor das Album vollendet wurde, forderte ein kleines Wesen sein Recht bei ihr ein – die Geburt ihres Sohnes, dessen Vater zudem ihr einziger musikalische Begleiter auf dem Album am Klavier und am Schlagzeug ist. So wurde aus dem Musik-Paar ganz schnell noch eine Musik-Familie.
Und dass dieses Album mit all seiner Ruhe und Nachdenklichkeit wohl das Beste ist, was man einem Neugeborenen mit in die Wiege legen kann, ist bei dieser zarten Schönheit, schönen Zärtlichkeit sowie all der Wärme, die ihm innewohnt, gewiss – sei willkommen daheim: „I'm so close, let it grow / No more turns, I won't go / I'm curious and ready, I'm serious and steady / With you by my side.“

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FAZIT: „Zuhause ist es doch am schönsten“, heißt es oft so lapidar, auch wenn aus unserer derzeitigen isolierten Virus-Sicht diese Aussage eine neue Qualität bekommen hat. An der benannten Tatsache aber ändert sie nichts. Mit diesem intimen Singer/Songwriter-Album „Home“ von JEANETTE HUBERT dürfen wir 11 ruhige Songs lang all die Schönheit genießen, die ein liebevolles Zuhause uns auch klangvoll bereiten kann.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.06.2021

Tracklist

  1. <b>Seite A</b> (19:55):
  2. By My Side (4:21)
  3. What Is Real (4:00)
  4. All I Know (3:17)
  5. Of Keepers And Runners (4:29)
  6. Nowadays (3:48)
  7. <b>Seite B</b> (21:17):
  8. Hurricane (3:36)
  9. Moonlight (3:03)
  10. Strangers (3:02)
  11. Finding Love (3:47)
  12. Us (4:26)
  13. Homeless (4:23)

Besetzung

  • Bass

    Jeanette Hubert

  • Gesang

    Jeanette Hubert

  • Gitarre

    Jeanette Hubert

  • Keys

    Jeanette Hubert, Klas Yngborn

  • Schlagzeug

    Klas Yngborn, Jeanette Hubert

Sonstiges

  • Label

    Waterfall Records/Broken Silence

  • Spieldauer

    41:12

  • Erscheinungsdatum

    28.05.2021

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