KAAK?!?!
Irgendwie klingt dieser Bandname nach einem 'Darmendprodukt' oder das Ergebnis, welches einem ein Baby nach erfolgreicher Sitzung auf dem Töpfchen zuruft.
Nun könnte man denken, dass die Musik hinter KAAK ebenfalls irgendwie Sch… ist.
Falsch gedacht.
Das wild-musikalische Herren-Quartett aus Hannover präsentiert auf ihrem ersten Album – das es auch als streng auf 150 gelbvinylige Exemplare limitierte LP (Unbedingt empfehlenswert!) zu erstehen gibt…
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… eine wilde Mischung aus Post Hardcore, Indie- und Alternative-Rock sowie etwas Punk mit deutschen Texten.
Natürlich ist hierbei der Album-Titel „Schrei doch“ Programm. Musikalisch geht’s tatsächlich häufig mit gesunder deutsch-'geschriener' Härte und textlich verdammt wütend zu.
Ein Schrei in Noten und Worten eben in Zeiten schlafmütziger Trief- und Hochnäsigkeit, während die Welt um uns langsam, aber sicher aus den Fugen gerät. Das liegt nicht nur an einem Virus, sondern vielmehr an dem hohl-paroligen Offenbarungseid völlig überforderter und unfähiger Politiker, die einem langsam aber sicher alles das, was man an einer Demokratie bisher geschätzt hat, vergällen. Auch für die scheint „Schrei doch“ regelrecht geschrieben, das mit den Worten aufschlägt: „Aber was bleibt übrig, wenn da nichts ist?“
Oder: „Das lässt mich nie wieder los, das lässt mich nie wieder los! Bist du zu klein oder ist der Plan zu groß?“
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KAAK!?!?
Und damit kommen wir dem wahren Inhalt des KAAK-Namens näher – denn der steht im Niederdeutschen für einen „Pranger“. Und KAAK stellt tatsächlich üble Zeitgenossen und Missstände an den Pranger, auch wenn sie selber damit rechnen müssen, dafür von anderen angeprangert zu werden. Doch das ist ihnen egal, denn: „Was immer dich treibt, treibt dich zu weit!“
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KAAK...
Damit sind wir KAAK schon verdammt nah gekommen – doch am nächsten sind wir der Band wohl, wenn wir einen genaueren Blick auf ihren singenden Gitarristen Leon werfen, der wohl einfach ein 'c' aus seinem Familiennamen entfernte und so wird aus Kaack eben KAAK, der Pranger, was herrlich passt, denn das selbst formulierte Band-Motto lautet: „Man kann auf so viele Dinge wütend sein, KAAK erzählen dir, auf wen und warum und vertonen ihre Wut mit purer Energie, breiten 90's Gitarren und deutschem Post Hardcore.“
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Ja, und das machen sie wirklich gut – und klingen dabei irgendwie, irgendwo, irgendwann nach einer illustren Mischung aus SELIG und den krachigen FOO FIGHTERS sowie RAGE AGAINST THE MACHINE und den frühen RED HOT CHILI PEPPERS, als die noch über Blut, Sex und Zauberei sangen und manchmal sogar schrieen. Aber es gibt auch ein paar ruhige Passagen in KAAKs Songs, wie beispielsweise bei „Zu weit“ und „Dieselbe Glut“, in denen Erinnerungen an AnnenMayKantereit geweckt werden und der Einstieg ins Album mit „Gib mir alles“ bekommt gleich mal eine satte Punk-Schlagseite verpasst.
Und so bleibt am Ende ihr „Ich komme wieder“ keine Drohung, sondern echte Hoffnung auf mehr. KAAK sind auf dem richtigen Weg, der bei dieser Musik natürlich auch ein wenig in den Wahnsinn führt, wovon nicht nur die provokanten Texte, sondern auch das 'verrückte' LP-Cover ihr eigene spannende Geschichte erzählen – und wer's nicht kapiert, für den gilt: „Schrei doch“!
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FAZIT: Mit viel Wut im Bauch und einem musikalischen Schrei auf den Lippen überrascht das Hannoveraner Post-Hardcore-Alternative-Rock-Quartett KAAK auf ihrem Album-Debüt „Schrei doch“, das seine allerschönsten Reize streng limitiert auf gelbem Vinyl entfaltet, mit deutschsprachigem, oft provokantem 'Liedgut', das dümmliche Klugscheißer, arrogante Zeitgenossen und alle Anderen, die man unter dem Begriff 'Arschloch' abspeichern kann, auf's Korn nimmt, aber auch in den ruhigeren Momenten von Liebe und Hoffnung ein Lied nicht schreien, sondern singen kann. KAAK funktionieren als Band genauso gut wie ihr Name als Palindrom – echt klangvoll!
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Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.12.2021
Eigenvertrieb
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03.12.2021