<b>„Dieses Album wurde geschrieben, um die Vergessenen zu ehren: Diejenigen, deren Geschichten nicht erzählt werden und deren Leben von ungebremsten Machtmenschen neutralisiert wurde.“</b> (Laura Meade)
Hier kommt sie: Die gefährlichste Frau Amerikas!
Direkt aus der progressiven Terror-Zelle IZZ erhebt sich deren Sängerin LAURA MEADE zum amerikanischen Kamikaze-Kommando und…
...bringt dieses ungemein spannende Konzept-Album „The Most Dangerous Woman In America“ heraus, das vom Titel und der Story dahinter, zu der Meade meint, man könnte ein komplettes Musical daraus gestalten, provokant, vielschichtig und auch doppeldeutig ausgefallen ist.
Doch trotz des thematischen Konzepts steht natürlich die Musik im Mittelpunkt. Und diese wird sicher die Erwartungen vieler IZZ-Freunde, denen speziell die progressive Rock-Schiene besonders wichtig ist, nicht erfüllen. Die IZZ-Sängerin, welche auch Keyboard spielt und der IZZ-Gitarrist, zugleich Meades Ehemann, der ebenfalls maßgeblichen Einfluss beim Entstehen von „The Most Dangerous Woman In America“ hat, gehen deutlich modernere, elektronischer veranlagte Wege.
Vogelgezwitscher und Wellenrauschen sowie ein sich langsam entfernendes (oder annäherndes?) Gewitter eröffnen das Album, während „Leaving“ sich gleich mit blubbernden Synthies und viel Keyboards mitten in die Wellen stürzt und zugleich deutliche Erinnerungen an das „50 Words For Snow“-Album von KATE BUSH breitmachen.
Auch „Burned At The Stake“ setzt auf Electronics, sogar 'Technoides' und schafft damit eine düster-bedrohliche Atmosphäre, die bei einem Titel wie 'Verbrannt auf dem Scheiterhaufen' gradezu passend ist.
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Spätestens hier wird nun auch dem Prog-Head klar, dass dieses Album der IZZ-Sängerin sich weit vom progressiven Sound ihrer Stammband entfernt. Dafür aber darf man mit dem folgenden „Iconoclast“ anfangs ein akustisches Piano und balladeske Klänge sowie natürlich die rundum beeindruckende Meade-Stimme genießen. So klingt allerdings keine gefährliche, sondern vielmehr eine todtraurige Frau.
Mit „End Of The Road In Hollywood“ fühlt man sich in die 80er-HUMAN-LEAGUE-Jahre versetzt. Wer sich gern an diese Zeit, die eigentlich aus heutiger Sicht etwas zu sehr verpönt wird, zurückbesinnt, der wird nach und nach dieses Album immer mehr zu schätzen beginnen. Der Prog-Freund allerdings muss sich noch eine Ballade lang („Doesn't Change The Thing“) gedulden, bis auch er mit dem Titeltrack endlich auf seine Kosten kommt. Hier lassen IZZ wirklich grüßen. Sehr abwechslungsreich und komplex, verspielt zwischen Elektronischem und Akustischem pendelnd, auf wehmütige Bass- und Synthie-Schwaden setzend, kurz mal angejazzt und dann wieder retroprogressiv mit leichter YES-Note. Hier schlägt das Progger-Herz deutlich höher. Und das setzt sich mit „The Shape Of Shock“ sicher fort, weil LAURA MEADE hier wiederum beweist, wie viel KATE BUSH doch in ihr steckt.
Und schon ist man fast beim letzten Song des leider nur knapp 40 Minuten langen Albums angelangt, das trotz der kurzen Spielzeit den Hörer in viele musikalische Wechselbäder stürzt und manchmal – zumindest aus sound-technischer Sicht – nicht wirklich ein Konzept erkennen lässt. Denn auch der fette, fast bombastische und sogar mit Streichern aufgeblasene Artrock-Kracher „Forgive Me“ ist ein ideales Finale, welches nunmehr auch musikalisch fast alle unterschiedlichen Stilistiken aufgreift und sogar mit einer Violine noch etwas Folk-Flair im BIG BIG TRAIN-Gewand verbreitet, um „Tell Me, Love“ einzuleiten, welches textlich wieder das Scheiterhaufen-Szenario aufgreift und damit die konzeptionelle Ausrichtung erneut betont, um „The Most Dangerous Woman In America“ zu seinem richtungsweisenden Ende zu führen: „What should we do? / Give in or stand fast? / Live a long life / Or die young, burned at the stake?“
Das sitzt und hinterlässt einen richtig guten Eindruck, nachdem man nach den ersten drei Stücken noch ein wenig verunsichert war, ob sich LAURA MEADE hier ein wenig zu stark in der 80er-Vergangenheit verzettelt. Klare Antwort: Nein!
FAZIT: Die IZZ-Sängerin LAURA MEADE besitzt auf ihrem Album mit dem beängstigenden Titel „The Most Dangerous Woman In America“ den Mut, einerseits ein Konzept-Album über eine Frau, der Machtmenschen ihre Stimme nahmen und die sich dagegen zu wehren beginnt, zu schreiben und andererseits dabei nicht vordergründig auf progressiven Rock, sondern die breite Stilvielfalt mit einem Hang zu elektronischeren, an die 80er-Jahre erinnernde Klänge zu setzen. Das verunsichert einen voreingenommenen, auf spezielle Prog-Erwartungen setzenden Hörer wahrscheinlich, führt am Ende aber bei dieser Komplexität und der spannungsgeladenen Geschichte zu unausweichlicher Begeisterung. Ein Album, das sich langsam brodelnd zu einem wahren Vulkanausbruch entwickelt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.05.2021
John Galgano
Laura Meade
John Galgano
Laura Meade, Tom Galgano, John Galgano
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Doone Records/Just For Kicks
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21.05.2021