Wenn eine anfänglich verrückt anmutende Idee zweier Jazz-Rock-Musiker erst über ein Trio hin zu einem großartigen Jazz-Rock-Sextett anwächst, dann kann sich das nur unter Federführung eines progressiven, für alles frei Verspielte offenes Label verwirklichen. Herzlich willkommen beim MACHINE MASS SEXTET aus dem MoonJune-Universum.
Im Jahr 2011 ergab es sich, dass der amerikanische Schlagzeuger TONY BIANCO (ELTON DEAN, PAUL DUNMALL & EVAN PARKER) sowie der belgische THE WRONG OBJECT- und VEGIR-Gitarrist MICHEL DELVILLE zusammenschlossen, um als MACHINE MASS eine abgefahrene Mischung aus instrumentalen Jazz und Prog zu präsentieren, die jede Menge Power hatte und trotz des Namens nicht maschinell klang. Im Grunde faszinierte sie rundum und legte 2011 erst mit <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2011/Machine-Mass-Trio/As-Real-As-Thinking/" target="_blank" rel="nofollow">„As Real As Thinking“</a> die Messlatte verdammt hoch, konnten diese hohen Ansprüche gemeinsam mit dem Saxofonisten DAVE LIEBMANN 2014 leider auf „Inti“ nicht halten, aber nährten sich dann mit <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2017/Machine-Mass/Plays-Jimi-Hendrix/" target="_blank" rel="nofollow">ihrer Hommage an JIMI HENDRIX im Jahr 2017</a> und der Unterstützung von Keyboarder ANTOINE GUENET deutlich an.
Nun also in extrem geballter Doppel-Ladung als Sextett.
Kann das gutgehen?
Und wie!
Schon der Album-Opener „Africa“, eine JOHN COLTRANE-Nummer, lässt uns im frei verspielten Jazz-Rock suhlen und am Ende des Albums dürfen wir dann mit „In A Silent Way“ die MACHINE MASS-Referenzen an WEATHER REPORT genießen. So gesehen spielt sich das gesamte Album zwischen diesen beiden Jazz-Rock-Polen ab, wobei häufig auch durch den belgischen Trompeter LAURENT BLONDIAU eine gehörige Portion MILES DAVIS sowie Delvilles Gitarren-Akrobatik gleich das ganze MAHAVISHNU ORCHESTRA mit ins Spiel bringt.
Damals wurde die bunte Musik-Ekstase hinter MACHINE MASS als „rebellische Kombination aus diametrischen Ausbrüchen und schwelenden Stimmungen“ bei All About Jazz bezeichnet. Und genau hier setzt auch „Intrusion“ an – nur deutlich breiter instrumentiert und mit einer zusätzlichen Schippe Bombast garniert. Da finden wir free-jazzige Ausbrüche, Soli bis zum Abwinken, Laut-Leise-Langsam-Schnell-Kontraste, progressive Rockausflüge und akustische Träumereien sowie extravagante Komplexität. Das alles eben umrahmt von den zwei Fremdkompositionen – Coltrane und Zawinul – welche zugleich die vorbildhafte Wirkung der MACHINE MASS-Eigenkompositionen hervorheben. Hier fließt alles und geht ineinander über.
Da gibt's nur ein FAZIT zu vermelden: „Intrusion“ des MACHINE MASS SEXTET ist Jazz-Rock auf der Höhe der Zeit und voller Hang zur Perfektion. Und wer MILES DAVIS noch immer schmerzhaft vermisst, der greife unbedingt zu diesem Fusion-Meisterwerk.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.05.2021
Damien Campion
Michel Delville
Antoine Guenet, Michel Delville
Tony Bianco
Laurent Blondiau (Trompete), Manuel Hermia (Saxofone)
Off/MoonJune
65:31
19.02.2021