Ihre Sturm- und Drangzeit hatte die kanadische Sonwgriterin MARTHA WAINWRIGHT spätestens abgeschlossen, als die Tochter von LOUDON WAINWRIGHT und ANNA McGARRIGLE, zuugleich Schwester ihres älteren Bruders RUFUS, selber Mutter wurde und die Muße fand, ihre wilde Zeit im Herzen ihrer berühmten musikalischen Familie hinter sich zu lassen, um sich stärker auf sich selbst als die Eskapaden ihrer Jugendzeit zu konzentrieren.
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Dass sie heutzutage mit sich im Reinen ist, zeigt die generellere Ausrichtung ihrer aktuellen Lyrics, in denen sie sich in Songs wie dem Titeltrack „Love Will Be Reborn“, „Getting Older“, „Justice“ oder auch dem autobiographischen „Being Right“ den universellen großen Themen des Lebens widmet und sich über das Altern, die Liebe, Gerechtigkeit oder allgemeingültige Werte Gedanken macht. Immer wieder steht dabei, wie etwa in „Report Card“ auch ihre eigene Familie im Zentrum.
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Musikalisch braucht sich MARTHA heutzutage sicherlich nichts mehr zu beweisen, hat aber die Neugier auf Experimente und Herausforderungen niemals eingebüßt. Das äußert sich auf dem neuen Album zum Beispiel dadurch, dass sie die strukturell und melodisch ambitioniertesten Songs ihrer gesamten Karriere schrieb.
Simpel und geradlinig waren ihre Songs zwar noch nie, aber in dem neuen Material befinden sich so viele Akkord-, Rhythmus- und Harmoniewechsel, dass man sich unweigerlich fragt, wie sie dieses Material mit den beteiligten Musikern kommuniziert und ihnen beigebracht haben mag (und wie sie selbst sich das dann alles merken kann).
Das Ganze geht einher mit der gewohnten wainwrightschen Intensität den Vortrag betreffend. Ähnlich wie ihr Bruder Rufus versteht es Martha, sich regelrecht manisch und sendungsbewusst in den eigenen Vortrag hineinzusteigern. Anders als ihr Bruder aber überschreitet sie hierbei niemals die Grenze zum Operettenhaften, sondern schafft es, ihre Songs mit überraschend eingängigen Refrains, Hooklines und melodischen Ideen zu erden, so eigenartig diese zuvor auch zu zerfasern drohten. Bestes Beispiel ist diesbezüglich die musikalische Standortbestimmung „Rainbow“, die im Refrain dann gar zu einem regelrechten Power-Pop-Hit ausartet.
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FAZIT: Wie gelassen MARTHA WAINWRIGHT auf ihrem ersten Album „Love Will Be Reborn“ seit dem 2016er „Goodnight City“ mit ihrer Stellung als Songwriterin umgeht, zeigen interessante Details: In dem Video zum Titeltrack des neuen Albums turnt sie etwa mit ihren Söhnen durch eine Art Fantasy-Setting, während sie inhaltlich die erneuernde Kraft der Liebe anpreist. Und eine der vielen Erkenntnisse, die sie mit diesem Album gewinnt, ist die, dass ihr Respekt vor der französischen Sprache prinzipiell unbegründet ist, denn endlich wagt es die zweisprachig aufgewachsene Kanadierin in dem Chanson „Falaise de Malaise“ nicht nur erstmals selbst Piano zu spielen, sondern obendrein die „Klippen des Unbehagens“ über die möglicherweise fehlende Akkuratesse im Vergleich zu muttersprachlichen Franzosen zu überwinden und auf Französisch zu dichten. „Love Will Be Reborn“ ist somit nicht nur eine Momentaufnahme, sondern eine schlüssige Standortbestimmung der Künstlerin MARTHA WAINWRIGHT geworden.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.08.2021
Josh Cole
Martha Wainwright, Thom Gill
Martha Wainwright, Thom Gill
Phil Melanson
Cooking Vinyl
48:59
20.08.2021