Dies ist die zweite einer Handvoll Besprechungen von „One and done“-Alben aus den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren, mit der Musikreviews.de eine kleine Rückschau auf erinnerungswürdige und im wahrsten Sinn des Wortes einmalige Projekte aus der Frühzeit der Pop- und Rockgeschichte hält.
Dem einzigen Album „Turn on, or turn me down“ der Glasgower Band N.S.U. muss man sich über eine kleinen Umweg nähern, über den Perkussionisten und DJ Simon Stable nämlich. Dieser war Ende der 1960er-Jahre in der Londoner Musikszene eine schillernde Figur. Er war mit Judy Dyble von FAIRPORT CONVENTION verheiratet und spielte beispielsweise auf dem TEN YEARS AFTER-Album „Stonedhenge“ (1969) einen, wenn auch bescheidenen, Bongo-Part.
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Viel wichtiger indessen war Stables Rolle als Label-Gründer. Obwohl Stable Records nur kurz Bestand hatte, brachte ihr Gründer mit Bands wie SAM GOPAL, THE DEVIANTS oder eben N.S.U. Herausragendes zustande. Im Vergleich zu SAM GOPALS ebenfalls einzigem Werk „Escalator“ (1969) tönt „Turn on, or turn me down“ etwas weniger verspielt – N.S.U. liefern schweren, gradlinigen und gitarrenlastigen Rock auf Prog-, Blues- und Psychedelic-Basis.
Abwegig ist es nicht, dass sich das Quartett nach dem ersten Song auf dem Debüt-Album der CREAM nannte. Und auch wenn weder Songwriting noch individuelle Qualitäten ganz an Clapton, Bruce und Baker heranreichen: Die beiden Bands lassen sich stilmäßig und in ihrer Ausrichtung durchaus vergleichen – in Bezug auf die Zeile „The only time I'm happy's when I play my guitar“ aus besagtem CREAM-Song fahren sie sogar 100%ig die gleiche Schiene.
Aufgenommen wurde „Turn on, or turn me down“ in bloß drei Tagen in den De Lane Lea Studios in London. Das Album enthält acht eigene Songs, die durch eine recht beachtliche instrumentale Version des uralten, durch CANNED HEAT bekannt gemachten Blues „On The Road Again“ ergänzt werden. Von den bandeigenen Songs sind insbesondere das Titelstück, „His Town“ und „All Aboard“ herauszuheben – es sind dynamische, tolle Beispiele für das Songwriting jener Epoche und wecken Bedauern über die extreme Kurzlebigkeit dieses Quartetts aus Glasgow.
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FAZIT: „Turn on, or turn me down“ ist das leider einzige Zeugnis von vier Musikern aus Glasgow, die anno 1969 nur ganz kurz im Rampenlicht standen (dem Vernehmen nach sollen N.S.U. die Plattentaufe immerhin in der Royal Albert Hall zelebriert haben). „One and done“ ist ja ein Sachverhalt, den man bekanntlich nicht immer bedauern muss – in diesem Fall aber schon, denn N.S.U. boten fette und nahrhafte Kost aus dem musikalischen Dunstkreis von Bands wie CREAM, BLIND FAITH, YARDBIRDS oder FREE.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.01.2021
Peter 'Nagsie' Nagle
John 'Pettsie' Pettigrew
Ernest Rea
William 'Billie' Brown
Peter 'Nagsie' Nagle (harp), Sue & Sunny (vocals)
Stable Records
39:59
24.07.1969