Dank der Vintage-Konzertalben und anderen Releases aus Neil Youngs Archiv fällt das Rekapitulieren der Tourgeschichte des legendären Singer-Songwriters und seiner Band Crazy Horse denkbar leicht. Man erlebt die Musiker mal verblüffend funky ("Live at the Fillmore East") und ein andermal ungewohnt Mainstream-tauglich ("Live Rust"); "Way Down in the Rust Bucket ist hingegen ein Zeitzeugnis aus den gescholtenen 1990ern und spiegelt dennoch nicht unbedingt den Zeitgeist jener Dekade wider.
Das hierfür zusammengetragene Material wurde aus Aufnahmen zweier Clubshows in Nordkalifornien gesichtet. Über drei Stunden lang zelebrierte das Ensemble unter anderem die Live-Premiere der 1975er Nummer 'Danger Bird' (von "Zuma") und Standards wie das unausweichliche 'Cinnamon Girl' sowie seinerzeit aktuelle Schoten ('Fuckin' Up', 'Mansion on the Hill') beziehungsweise natürlich damals neues Material von "Ragged Glory". Eher unauffällig kommt 'Homegrown' (sowieso noch nie eine berauschende Nummer im Repertoire des Künstlers) daher, außerdem zum ersten Mal dargeboten werden eine ganze Reihe von Highlights: 'Surfer Joe and Moe the Sleaze, 'Love to Burn','Farmer John', 'Over and Over', 'Fuckin’ Up', 'Mansion on the Hill' und 'Love and Only Love'. Allein deshalb braucht JEDER Young-Fand das Album.
Die zu jenem Zeitpunkt noch nicht lange gemeinsam musizierende Formation zeigt sich hervorragend aufeinander eingespielt, wie insbesondere das sage und schreibe 14 Minuten lang ausgewalzte 'Love To Burn' veredeutlicht - nicht zu vergessen die jeweils rund zehn Minuten von 'Over and Over' (relaxt) und 'Danger Bird' (sehnsüchtig) sowie der Über-Klassiker 'Cortez the Killer' in einer gemächlich dargeboten und somit vermutlich ultimativen Fassung.
Ohne die Stimmen von Linda Ronstadt und Nicolette Larson strahlt 'Bite the Bullet' hingegen nur halb so hell wie in der ursprünglichen Studio-Fassung, doch solche "Andersartigkeiten" haben schon immer den Hauptreiz von Neil Youngs Live-Releases ausgemacht.
Übrigens: Kurz nach dem Mitschnitt begann der erste Golfkrieg dessen Schatten auf die spätere "Smell the Horse"-Tour fallen sollte; politischer Zündstoff ist die hier dokumentierte Show eher nicht.
FAZIT: Unverhofft kommt oft, doch tatsächlich ist "Down in the Rust Bucket", auch wenn es im Verhältnis zu seiner Entstehung sehr spät erscheint, einer der fünf bis zehn zwingenden Neil-Young-Konzertmitschnitte und demnach unverzichtbar. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/6e3b4445c2bd4e6b960ebfb5eaf56c22" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.03.2021
Reprise / Warner
124:20
26.02.2021