Herrlich, welche musikalische Pionierarbeit mal wieder das Sireena Label beim Heben und Bewahren ganz spezieller Musik-Perlen leistet. Diesmal geht es mitten hinein in den tiefen Osten – allerdings den, der innerhalb der RGW-Ost-Zone (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) noch am westlichsten geprägt war: Ungarn. Und hört man Ungarn in Verbindung mit Musik, dann kommt man an einer der erfolgreichsten Rock-Bands absolut nicht vorbei: OMEGA, eine Band, für die der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets zum musikalischen Erkennungssymbol wurde, indem sie ihn in den Mittelpunkt ihres Bandnamens stellten.
Ja, die Jungs sind das für Ungarn, was beispielsweise im Osten die PUHDYS oder STERN-COMBO MEISSEN für die DDR, NIEMEN und SBB für Polen oder BLUE EFFECT (bzw. MODRY EFEKT) und COLLEGIUM MUSICUM für die Tschechoslowakei waren.
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/YRwmQo2kluA" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>
Bereits 1962 gegründet – und damit beispielsweise weltweit neben den BEATLES und ROLLING STONES eine der ältesten Beat- und Rock-Bands aller Zeiten – schreiben sie seit nunmehr fast 60 Jahren Musikgeschichte, die auch stilistisch sehr vielfältig ist und sich zwischen Beat, Hard- und Progressive-Rock, Art-Pop und New Wave bewegt. Und dass tatsächlich noch bis heute, auch wenn auf dem Weg bis in die Gegenwart mit Lászlo Benkö und Tamás Mihály zwei maßgebliche Band-Mitglieder auf der Strecke blieben und in den Himmel abberufen worden.
Im Laufe der Zeit kamen von der dienstältesten ungarischen Rock-Band neben ihren offiziellen ungarischen Studio- und Live-Alben auch so einige Raritäten und Seltsames auf den Markt. Besonders seltsam jedenfalls wurde es, wenn sich OMEGA, um auch weltweit oder in der kleinen DDR (Lang, lang ist's her!) Fuß zu fassen, ihre Muttersprache verließen und englisch oder deutsch sangen. Ohne Akzent ging das in beiden Varianten nie aus, man höre nur „Das deutsche Album“ oder ihre englischen Veröffentlichungen der ungarischen Original-Alben. Doch gerade dieser Akzent besitzt auch einen gewissen Charme und verleiht ihren fremdsprachigen Alben einen ausgewiesenen Exoten-Status, ähnlich wie beispielsweise einem PETER GABRIEL mit seinen beiden deutschen Alben.
Nunmehr steuert eins unserer absoluten deutschen Lieblings-Labels, Sireena Records, eine weitere, ganz spezielle OMEGA-Rarität erstmals auf CD bei: „Working“, ihr genau vor 40 Jahren erschienenes englischsprachiges Album. Das Besondere hieran war, dass OMEGA dieses Album speziell in Englisch aufnahmen, ähnlich wie bereits zuvor „Time Robber“, „The Hall Of Floaters In The Sky“ und „Gammapolis“, worauf sie ihre ungarischen Originale in englischer Sprache einsangen.
Extra hierfür begab sich das ungarische Quintett nach Deutschland, um in Frankfurt/Main „Working“ einzuspielen, wobei sie bei den Texten der besonders durch seine Zusammenarbeit mit PETER MAFFAY und als Keyboarder von RITCHIE BLACKMORE'S RAINBOW bekannte amerikanische Rockmusiker TONY CAREY unterstützte. Auch in diesem Falle stand ein ungarisches, allerdings nicht ganz so erfolgreiches, Album Pate: „Az Arc“ (1981). Warum diese Scheibe nicht so begeistert aufgenommen wurde, hört man auch deutlich auf „Working“, denn OMEGA hatten sich zu stark von ihren Hard- und Progressive-Rock-Wurzeln verabschiedet und mehr dem Mainstream mit poppigeren Rhythmen zugewandt. Typisch 80er-Jahre könnte man resümieren. Für eine Pop-Band wäre das ein feines Resümee, für OMEGA allerdings ein nicht wirklich schmeichelhaftes.
Verstärkt setzen OMEGA bei „Working“ auf die elektronischen Klangerzeuger, speziell Synthesizer, sowie griffige, eingängige Rhythmen, zum Glück aber ohne ganz ihre progressiven Wurzeln zu verleugnen, wobei speziell immer mal wieder ihr „Gammapolis“-Album durchklingt, wie bei „Inside Outside“. Aber der mit einer Laufzeit von gut 5 Minuten schon längste Song „Laughing On The Inside“ kratzt ein wenig am „Time Robber“-Lack und klingt wie die ungarisch akzentuierte Variante eines ELOY-Songs. Statt Space-Rock haben wir es hier mehr mit Space-Pop zu tun, der überdeutlich in Richtung 80er-Jahre-Wave schielt, samt einer entfernten Ähnlichkeit zu BARCLAY JAMES HARVEST.
Trotzdem bleiben OMEGA auch auf „Works“ genau das, was sie sich im Laufe der nunmehr fast 60 Jahre hart erarbeiteten. Eine Ausnahme-Band der ersten ungarischen Güte-Klasse, die selbst auf englisch gesungenen Mainstream-Wegen zu überzeugen weiß.
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/IguTrpxXGSM" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>
FAZIT: Die bekanntestes ungarische Rock-Band OMEGA, die in den Spätsiebzigern und Frühachtzigern der weltweiten Aufmerksamkeit wegen – ganz ähnlich wie ELOY – gerne auch ihre ungarischen Original-Alben in akzentuierter englischer Sprache einsang, wird dank des Sireena Labels mit dieser seltenen englischsprachigen Ausgabe ihres „Az Arc“-Albums (1981), welches gerade seinen 40. Geburtstag feiert, unter dem Titel „Working“ erstmals auf CD veröffentlicht. Auf diesem Album beweisen sich OMEGA als Grenzgänger zwischen ihrem zuvor weit ausladenden Space Rock und dem New-Wave-Pop der 80er-Jahre. OMEGA auf Höhe der damaligen Zeit, glücklicherweise ohne ganz die progressiven Space-Elemente der Vorgänger-Alben „Time Robber“, „Skyrover“ oder „Gammapolis“ zu verleugnen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.06.2021
Tamás Mihály
János Kóbor
György Molnár
László Benkö
Ferenc Debreceni
Sireena Records
41:02
25.06.2021