<b>„Ich denke, es ist eine wirklich interessante Idee. Normalerweise, wenn du Musik machst, träumst du dir nicht die Idee aus, dass jemand anderes deine Sachen covert – du wartest nur, um zu sehen, ob es passiert. Aber es ist irgendwie schön, wenn man es tatsächlich als Projekt zusammenstellt und zu den Leuten sagt: ‚Willst du das tun?‘“</b> (Paul McCartney unter seiner Homepage)
Wenn Sir Paul ruft – oder besser der ehemalige BEATLES-Pilzkopf – dann wird sein Ruf, so abwegig er auch klingen möge, natürlich erhört und fast alle seine musikalischen Jünger folgen. So geschehen nach dem pandemiebedingt <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2021/Paul-McCartney/III/" target="_blank" rel="nofollow">von PAUL McCARTNEY in völliger Eigenunion eingespielten Solo-Album „III“</a>. Denn der gute, längst zum Ritter geschlagene Paul rief lauthals schon kurz nachdem er am 18. Dezember 2020 noch pünktlich vorm Weihnachtsfest sein „III“ veröffentlicht hatte, nach besagten Jüngern und musikalischen Untertanen (Das hätte einem JOHN LENNON so wohl nicht sonderlich zugesagt, selbst wenn hinter der III auch noch ein 'Imagined' auftaucht …), damit diese dem letzten McCartney-Solo-Werk neues, bandklangvolles und vor allem viel moderneres Leben einhauchen könnten.
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Das klingt ein wenig wie eine 'Räuberpistole' oder Ritter-Saga mit musikalischem Hintergrund, ist aber Realität. Ein Märchen, das wahr wird oder vielleicht sogar ein wenig die BEATLES-Legende entzaubert, weil es manchmal besser und spannender klingt als das Original des 'alten Ritters in seiner BEATLES-Rüstung'.
McCartney entpuppt sich auf „McCartney III Imagined“ jedenfalls als Wiederholungstäter, der bereits im Jahr 2005 unter dem Namen TWIN FREAKS ein Album mit Remix-Versionen seiner Songs vorlegte. Dieses Mal allerdings verfolgt er ein anderes Ziel, denn sein komplettes letztes Album soll auf seinen Wunsch hin Song für Song von unterschiedlichen, größtenteils sehr namhaften Musikern und Bands eingespielt werden. Ein gefährliches Unterfangen, denn während „III“ natürlich recht geschlossen klang, geht’s nun ans Eingemachte, um es musikalisch in Kraut und Rüben, in Rock und Rap, in Pop und Techno, in Alternative und Electronic zu zerlegen.
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Alle Aufnahmen, egal ob nun die Neuinterpretationen, Remixe oder reinen Cover-Versionen, wurden persönlich von McCartney betreut, auch wirkte er an einer Vielzahl direkt mit, verlieh den Songs erneut seine Stimme oder spielte verschiedene Instrumente bei den Remix-Versionen ein. In wenigen (Cover-)Songs aber wirkt er nicht aktiv mit, wie bei JOSH HOMMEs „Lavator Lil“ oder DOMINIC FIKEs „The Kiss Of Venus“.
Weitere Musiker, die seinem Album ein neues Gesicht verliehen sind BECK, BLOOD ORANGE, EOB, KHRUANGBIN, 3D RDN, PHOEBE BRIDGERS, ST. VINCENT und der großartige DAMON ALBARN, dessen beide Solo-Alben, besonders „Everyday Robots“, längst die von McCartney überflügelt haben.
Extrem interessant ist auch die Version zu „Slidin'“ vom auf den ersten Blick unbekannten EOB. Allerdings offenbart der zweite Blick Überraschendes, denn hinter EOB verbirgt sich Ed O'Brien, der Gitarrist von RADIOHEAD.
Insgesamt ist „McCartney III Imagined“ aber doch ein zweischneidiges Schwert, denn die Musik darauf ist interessant und abwechslungsreich und besitzt einen ausgezeichneten Sound. Nur dass man es hier mit einem McCartney-Album zu tun hat, wird nur dann offensichtlich deutlich, wenn McCartney auch singt, man seine Stimme erkennt – die Musik dahinter allerdings kann man dem Ex-Beatle kaum noch zuordnen, sodass beispielsweise seltsame Gefühle aufkommen, wenn auf der letzten LP-Seite mit „Deep Deep Feeling [3D RDN Remix]“ von 3D RDN ein elf Minuten langer psychedelischer Trip-Hop-Mix mit McCartneys Gesang wirklich spannend für die Techno-Szene klingt, aber andererseits eigentlich nicht zu dem musikalischen Background passt, den man im Hinterkopf hat, wenn man den Namen PAUL McCARTNEY hört. Nur ist er damit ja nicht wirklich allein, wenn man nur bedenkt welche seltsamen Musik-Versuche auch ein JOHN LENNON unternommen hat, um YOKO ONO und ihre abstrusen Ideen in seine Musik einzubauen.
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FAZIT: „McCartney III Imagined“ ist der gewagte und zugleich eigenartige Versuch von PAUL McCARTNEY, sein letztes Solo-Album, welches er während der Pandemie-Zeit im völligen Alleingang einspielte, nun von namhaften jüngeren und älteren Musikern, die allerdings nicht zu der alten Legenden-Kaste, dafür aber in die unterschiedlichsten Musikströmungen gehören, neu einspielen bzw. remixen oder eigenständig covern zu lassen. Das Ergebnis kann sich hören lassen, obwohl man nur noch selten einen typischen McCartney heraushört, selbst wenn er auf den meisten Songs singt und alle insgesamt 12 Stücke persönlich betreut hat.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.08.2021
Capitol/Universal Music
47:23
23.07.2021