Auf seinem 21. Album zieht PAUL ROLAND zahlreiche Register - musikalisch einordnen lässt sich der Meister des verführerisch Makabren zwischen Psych Pop, Songwriter Music, Folk und Soundtrack dabei kaum. Dass sein Konzert auf dem dänischen Metal Magic Festival anno 2018 dennoch (?) das schwermetallische Publikum in seinen Bann zog, spricht für Qualitäten, die Stilgrenzen locker transzendieren, und eben jene Faszinationskraft hebt auch "Lair Of The White Worm" aus den Veröffentlichungen dieser Tage hervor.
PAUL ROLAND ist vor allem ein Storyteller, und die Musik ist neben Stimme und Sprache ein weiteres Instrumente, um - angenehm gruselige! - Geschichten zu transportieren und ihnen jenseits des verbalen Vortrags den einen oder anderen Twist zu verpassen. Das steht in keinem Widerspruch dazu, dass auf "Lair Of The White Worm" musikalisch eine Menge geboten wird. Diese Vielfalt in einer Rezension herunterbrechen zu wollen, wäre ein törichtes Unterfangen. Daher belasse ich es bei dem Hinweis, dass die Musikalität von PAUL ROLAND im wahrsten Sinne des Wortes außergewöhnlich ist, und dass er prinzipiell alleine, also nur mit Akustikgitarre und Geige bewaffnet, bereits mehr als gut zurecht käme.
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Für "Lair Of The White Worm" hat der Engländer allerdings neben seiner Band auch Nico Steckelberg (Keyboards) und Joran Elane (Gesang) von der deutschen Fantasy-Folk-Band ELANE um sich geschart. Und bei einigen Songs wird der seit "Cabinet Of Curiosities" geliebte Sound von einer Prise ätherischen Folks gekrönt, was reizvoller klingt als für mich zu vermuten war. Nicos Soundtrack-Interludien geben einem Album Struktur, das sich aus Songs zusammensetzt, von denen einige - leicht herablassend fomuliert - liegen geblieben und fast verloren gegangen waren, freundlicher formuliert dämmerten sie im Halbschlaf vor sich hin, bis ihre Zeit gekommen war und nicht zuletzt die erwähnten Gastmusiker Paul inspirierten, sich den träumerischen bis treibenden Stücken wieder zuzuwenden. Nach zwei ziemlich ereignislosen Jahren skizzierte er 21 Songideen in nur drei Tagen. Dieser wiedergefundene Elan trägt "Lair Of The White Worm" mit eigener Leichtigkeit über die Spielzeit von rund einer Stunde, in welcher allerhand Genres im Vorbeigehen gestreift werden. Wenn Roland in "In Memory Of A Time Traveller" dann singt "if I only could leave this mad world", geht dem geneigten Hörer ein Licht auf, von wem das Feld beackert wurde, auf dem seit einigen Jahren Bands wie Hexvessel ihre eigene Saat ausbringen.
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FAZIT: Der Musik von so abseitigen Gestalten wie PAUL ROLAND in einer Rezension unter tausenden gerecht werden zu wollen, ist ein größenwahnsinniges Unterfangen. Mit seiner Vertonung der Stoker-Story und anderer Kuriosa überführt der Brite mehr als ein komplettes Genre seiner musikalischen und künstlerischen Armseligkeit. Solch eine Zusammenkunft von Songwriter-Raffinesse, Anmut und spielerischem Schalk findet sich nur äußert selten zwischen Gothic und Neofolk. Richtig gelesen, "Lair Of The White Worm" berechtigt dazu, ganze Regalreihen infantilen Musikmülls zu entsorgen. Danke, Paul!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.01.2021
Joshua Roland, Mick Crossley, Max Marchini
Paul Roland, Joran Elane, Annie Barbazza
Paul Roland, Mick Crossley, Max Marchini
Nico Steckelberg
Violet the Cannibal
Paul Roland (Woodwinds, Additional Percussion)
Dark Companion
61:51
04.12.2020