Politikverdrossen? Ja, ja, wir haben es oft genug gehört: Metal soll angeblich nicht politisch sein, doch ausgerechnet die zu selten aus dem Küchenschrank kriechenden Edelstahlkocher PHARAOH zeigen sich dieser Tage kritisch wie nie zuvor. Gitarrist Matt Johnsen geißelt sich selbst dafür, dass die Band geschlagene neun Jahre Sendepause hatten, obwohl man vermuten könnte, dass es an Drummer Chris Blacks vielen Betätigungsfeldern (Dawnbringer, High Spirits, Professor Black, …) und Wunderstimme Tim Aymars vereinzelten Gastauftritten andernorts (Angband) lag. Letztlich braucht man aber keinen dieser amerikanischen Szene-Helden an den Pranger zu stellen, solange sie ein- bis zweimal pro Dekade ein Ausnahmealbum wie „The Powers That Be“ schaffen.
Von offensichtlichen Vergleichsmöglichkeiten (Iron Maiden waren beispielsweise mal eine) haben sich PHARAOH längst freigemacht. Das aktuelle Titelstück ´The Powers That Be´ und das ähnlich vertrackte ´Dying Sun´ verweisen eher auf ihre Landsleute Fates Warning während Ray Alders Frühphase als Sänger, wohingegen ´Ride Us to Hell´ als Uptempo-Highlight mit ausgesprochen leichtem Zugang und ´Freedom´ inklusive Gang-Shouts und nicht weniger starker Hooks näher bei den "ursprünglichen" PHARAOH angesiedelt sind.
Ob man aber nun das eine oder das andere verhältnismäßige Extrem des gegenwärtigen Stils der Gruppe betrachtet: Sie strahlt auf ihrer neuen Platte ununterbrochen jene Alterfahrenheit aus, die nur ganz wenigen Acts zu eigen ist. Die seit je feste Besetzung spielt ihr dabei in die Hände. Die Perlen auf "The Powers That Be" erschließen sich darum auch erst auf den zweiten oder gar dritten "Blick":
´Will We Rise´ (eingängiger, lakonischer Pre-Chorus), ´Lost In The Waves´ (dramatisch kraftvoll) und ´When The World Was Mine´ als typischer Zweiteiler - balladenhafter Beginn härteres und spielerisch ausuferndes letztes Drittel.
Die Peitsche ´I Can Hear Them´ zum Schluss verleiht dann der Einschätzung Nachdruck, dass man …
FAZIT: … alle Jahre wieder mit einem überragenden, "haben muss"-Album von PHARAOH rechnen muss. True Metal war und wird nie mitreißender, erwachsener, langlebiger als das hier. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/72ba0d94cd0344a08fb4df60ad78e2ce" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.06.2021
Chris Kerns
Tim Aymar
Matt Johnsen
Chris Black
Cruz Del Sur / Soulfood
44:32
18.06.2021