Bedenkt man, wie geil die relativ kurze Quartett-Phase von RAGE während der 1990er war, sind die Erwartungen an eine neuerliche Vierer-Besetzung der deutschen Metal-Urgesteine (40 Jahre jung demnächst!) hoch, und auch wenn man ihr neues Album nicht wirklich mit "Black in Mind" oder "End of All Days" vergleichen kann, handelt es sich um eine amtliche Scheibe, die ihrem Vorgänger hinsichtlich der Dichte der enthaltenen Live-Standards für künftige Konzerte ein, zwei Nasenlängen voraus ist.
Nach dem programmatischen, mit hymnischem, chorisch vorgetragenem Refrain ausgestatteten Doublebass-Smasher ´Resurrection Day´ zu Beginn geht es in ´Virginity´ (Thrash-Harke), sehr modern und eher nicht so melodisch zu, aber der Chorus holt den Braten auch hier sicher aus der Röhre. Spätestens in ´A New Land´ werden die zweistimmigen Leads augenfällig, die es in so hoher Dichte wahrscheinlich noch nie auf einem RAGE-Album gab, nicht einmal während jener ersten Zeit mit zwei Gitarristen.
´Arrogance And Ignorance´ befremdet in einigen Momenten zunächst mit Death-Metal-Gesten (Growls), ist aber letztlich eine für die Band typische Uptempo-Nummer mit wehmütigem Charakter. die nach ruhigem Intro leicht orientalisch angehauchte Peitsche ´Man In Chains´ schlägt mit etlichen Tempowechseln in die eher progressive Kerbe der Ära Smolski, der auch das orchestrale ´The Age of Reason´ erwachsen sein könnte.
Das ebenfalls bombastische ´Traveling Through Time´ versprüht das Flair von Iron Maidens Epen in jüngeren Jahren, ´Monetary Gods´ groovt fett und kontrastiert somit die beinahe kammermusikalische Ballade ´Black Room´. Einschließlich des treibenden Finale ´Extinction Overkill´ findet sich auf "Resurrection Day" so gut wie nichts Beliebiges - ein Manko, das RAGE-Platten in der Regel von Natur aus aufweisen, einfach weil sie im Schnitt ein Dutzend Songs enthalten und gut eine Stunde oder mehr dauern. Was schließen wir daraus?
FAZIT: RAGE bleiben weiterhin in Hochform (Besetzung? Egal!) und veröffentlichen auch 2021 eine zeitgemäße, handschriftlich unverkennbare Scheibe, an der kein Fan von klassischem Heavy Metal nicht nur deutscher Prägung vorbeikommt. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/24c86bebf4ff410991506e5f8567e28b" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.09.2021
Peavy Wagner
Peavy Wagner
Stefan Weber, Jean Borman
Vassilios Maniatopoulos
Steamhammer / SPV
60:35
17.09.2021