Das fünfte Studioalbum einer der hoffnungsvollste jungen (Thrash-)Metal-Bands in Deutschland sprengt den Rahmen ihrer Stilistik in seinem Verlauf wiederholt, ohne dass man es als Quertreiber einstufen müsste. Stattdessen gelingt REZET mit "Truth In Between" die wohl endgültige Emanzipation von einschlägig bekannten Dreschflegel-Klischees. Hightop-Turnschuhe und bunte Bandanas waren, falls überhaupt jemals bei dieser Combo, definitiv gestern …
Die nunmehr hörbar intuitiv aufeinander eingespielten Musiker aus dem kühlem Norden schaffen das Kunststück, aus dem Bauch heraus zu musizieren und sich gleichzeitig stilistisch sowie nicht zuletzt auch inhaltlich freizuschwimmen, denn mit Texten über den gesellschaftlichen Status quo einerseits, persönliche Erlebnisse und etwas Fiktion andererseits stehen REZET den mittleren Megadeth 2021 sehr nahe. Dass dann etwa das teils schnoddrige, teils aufbegehrende 'Deceived By Paradise' wirklich fast aus Dave Mustaines Feder (und Kehle - höre den rauchigen Vortrag von Frontmann Ricky Wagner) geflossen sein könnte, ist möglicherweise kein Zufall.
Der Titeltrack fasst unterdessen die allgemein nachdenkliche Stimmung und musikalische Suche der Band zusammen, indem er Oscar Wildes berühmten Ausspruch zitiert, dass „der Mensch am wenigsten er selbst ist, wenn er in seiner eigenen Person spricht. Gibt man ihm jedoch eine Maske, wird er die Wahrheit sagen.“
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/ZHuzZ92THKo" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>
‚Uncertain Crimes‘ und ‚Last Suffer‘ sind wiederum nicht nur pfiffige Wortspiele, sondern walzen und wüten, schreiten, stampfen und krachen genauso intelligent wie vehement Eingeklammert von herausragenden Nummern wie dem rasanten Opener ‚Back For No Good‘, dem bedrückend-progressiven ‚Populate. Delete. Repeat.‘ und dem einzigen noch recht traditionell thrashenden Ohrwurm 'Jailpit' belegt dynamischer Stoff wie ‚Half A Century‘ (mit Gastgitarristin Sonia „Anubis“ Nusselder von Crypta) oder die Hymne ‚The Plague‘ schlichtweg die gehobene Stellung der Gruppe.
FAZIT: Unaffektierter "thinking man's thrash" aus Germany, dem man seine Herkunft nicht anhört, dafür aber die Schlussfolgerung abgewinnen kann, dass seine Schöpfer die Zukunft des Genres maßgeblich mitbestimmen können, wenn sie am Ball bleiben. Go, REZET! <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/5534e6dc1f67427fb93d06e401a6d7ce" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2021
Bjarne Otto
Ricky Wagner, Heiko Musolf, Bjarne Otto, Bastian Santen
Ricky Wagner, Heiko Musolf
Bastian Santen
Metalville / Rough Trade
56:41
29.01.2021