Exakt drei Jahre sind seit ihrem Coming-out „Wir sind SCHÜCHTERN“ vergangen. Nun haben die drei Möchtegern-Metaller (O-Ton der Band, mit einem Schmunzeln… oder doch nicht?) aus dem Gebiet um Mainz festgestellt, dass es „Luft nach unten“ gibt. Das ist kein bloßes Statement, so heißt das neue Album des Trios aus Ober-Olm wirklich – und es ist eine durchaus spaßige und hörenswerte Angelegenheit.
Einfach ist so etwas ja nie, zurzeit sowieso nicht: Lustig sein wollen und lustig sein können ist bekanntlich nicht dasselbe, auf Grüße aus dem Lockdown wartet man inzwischen auch nicht mehr sehnlich, und unverkrampft – aber dennoch deutlich – gegen bräunliches Gedankengut, Populismus und Empörungskultur zu singen, gehört nicht zu den leichten Übungen für Musiker.
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Konkreter:
„Luft nach unten“ ist witzig: Da holt uns das Trio beispielsweise die „Gendersternchen“ so überzeugend vom Himmel, dass man (pardon, frau) sich seine Zukunft (falls Feminister) problemlos als Krankenschwesterin vorstellen kann. Und „Vielleicht vielleicht“ macht uns in gnadenloser Übereinstimmung von Musik und Text mit dem Gedanken vertraut, dass wir halt vielleicht doch alle etwas seicht sind. Oder gar – „mein Gott!“ – etwas weich im Kopf.
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„Luft nach unten“ ist hinterhältig: „Die Ballade von der falsch eingeräumten Spülmaschine“ ist ein richtig fieses Stück, respektive die in zuckersüße Töne verpackte Geschichte vom traurigen Scheitern einer Beziehung an den ordinären Gegebenheiten des Alltags. Hübsch verpackte Sticheleien an Hipper, Hopper und überhaupt bezüglich Erscheinungsbild nivellierte Ensembles gibt’s im Bekenntnis „Altmodisch“ zu hören – „Voll retro. Na und?“
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„Luft nach unten“ rockt: „(Das ist nur ein) Folk Rock Song“ ist in seiner eingängigen Art ohne Zweifel der Mitsing-Hit auf diesem Album, ein Produkt „systemunrelevant“ zuhause rumsitzender Künstler, die den Balkon als Bühnenersatz entdecken und der Pandemie zusammen mit einem Dutzend spiel- und sangesfreudigen Menschen musikalisch die Zunge rausstrecken.
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FAZIT: „Luft nach unten“ mag vielleicht kein Album für die Ewigkeit sein, eine gefreute Sache – gerade in diesen pandemischen Zeiten – ist es allemal: Erweiterter und solider Trio-Rock, abwechslungsreich, witzig und alles in allem natürlich alles andere als SCHÜCHTERN. „Kleine Hymnen für große Leute“ hat man irgendwo lesen können – und das trifft es ziemlich gut.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.04.2021
Sebastian "Basti" Ritter
Sebastian "Basti" Ritter
Daniel Franz
Sebastian "Basti" Ritter
Uwe "Huey" Charissé
Sebastian "Basti" Ritter, Uwe "Huey" Charissé (Programming), Daniel Franz (Mandoline)
Kreakustik Records
49:59
25.01.2021