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Sens Dep: Lush Desolation

Stil: Ambient, Shoegaze, Post Rock

Cover: Sens Dep: Lush Desolation

„Lush Desolation“ ist mehr Film als Musik und in seiner Qualität visueller angelegt, als es manches Gemälde ist. Und das, obwohl die Band mit ihrem Namen den Entzug sämtlicher sensorischer Reize propagiert.
Doch der Reihe nach: Mit „New Dawn“, „The Gate“ und „Lush Desolation“ starten SENS DEP sehr atmosphärisch und weitläufig in das Album. Verzerrtes Rauschen, gedehnte Klänge ohne klar erkennbare Melodie erzeugen eine geisterhafte, nervenaufreibende Stimmung, die starken Soundtrack-Charakter trägt. Langsam pulsierend baut sich das hintergründige Rauschen immer mehr auf, bis es in „Sever Hum, Deep Sleep“ von warmen Rhythmen untermalt wird, die einerseits im Kontrast zu den metallisch schleifenden Synths stehen, andererseits den Weg hin zum ersten Stück mit Gesang ebnen. „Nebuvital“ wirkt traumwandlerisch. Die sphärischen Sounds sind immer noch sehr präsent, werden aber um einzelne sich wiederholende Gitarrenmelodien ergänzt, wodurch die Musik sehr viel wärmer klingt als bisher. Gleichzeitig haben die Riffs am Ende etwas Bedrückendes an sich, das die Musik immer zwischen Licht und Schatten tänzeln lässt.

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„Bound“ ist dann sowas wie der Schlüsselmoment von „Lush Desolation“. Ist der Beginn noch sehr luftig, ja, fast positiv verträumt (auch dank der warm klingenden Stimme), bricht der Song in der Mitte plötzlich weg. Es wird elektronischer, klingt nicht weniger eklektisch, aber urplötzlich kalt und destruktiv.
„To Build A Fire“ führt dieses Gefühl fort. Die Celli erschaffen eine zermürbende Klangkulisse. Drone verbindet sich mit blechern klingende Tönen zu einer akustischen Wand, die fast unangenehm klingt.

Mit „Will You“ halten die Drums Einzug in den Sound, es wird heller und auch die kratzigen Einspieler bekommen ein angenehmeres Flair, das sich in „Come Back For Me“ weiterentwickelt und zur Helligkeit findet. Das hat was von einem vertonten Sonnenaufgang. Und auch „Drowning Entanglement“ klingt erstmal so gar nicht nach dem suggerierten Erstickungstod, doch dann: Atonales Rauschen. Eine verquere Geräuschkulisse drängt sich in den Vordergrund und leitet direkt in „Luckless Hunter“ über. Dieser Schlusspunkt macht seinem Namen alle Ehre und klingt resigniert, teilweise meint man den glücklosen Jäger entnervt vor sich hin fluchen zu hören. Und doch schwingt in der Musik fast sowas wie Hoffnung mit. Eine Hoffnung darauf, dass es nächstes Mal besser wird.
Die Frage ist aber: Was soll besser werden?

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FAZIT: Auf „Lush Desolation“ sind SENS DEP viel mehr Atmosphäre als nachvollziehbare Musik. Im Grunde ist dieser Sound relativ klar im Ambient-Sektor zu verorten. Die Shoegaze-Elemente dagegen treten kaum in Erscheinung. Dieses Album ist sicher nicht ganz einfach zu erfassen. Unter der oberflächlichen Gleichförmigkeit des Sounds verbirgt sich aber ein sehr breites Feld der Emotionen. Damit ist „Lush Desolation“ von SENS DEP wohl eher ein Album für den bewussten Zuhörer, denn im Hintergrund laufend wird die Musik sehr schnell nervig. Über Kopfhörer, bei leicht dämmrigem Licht dagegen, schickt dieses Album den Geist auf eine Reise ins Ungewisse, die durchaus ihre Reize haben kann, aber eben auch viel Zeit erfordert.

Punkte: 6/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.12.2021

Tracklist

  1. New Dawn
  2. The Gate
  3. Lush Desolation
  4. Server Hum, Deep Sleep
  5. Nebuvital
  6. Bound
  7. To Build A Fire
  8. Will You
  9. Come Back For Me
  10. Drowning Entanglement
  11. Luckless Hunter

Besetzung

  • Bass

    Andrew Yardley

  • Gesang

    Andrew Yardley, Patrick Fitton

  • Gitarre

    Ben Yardley, Andrew Yardley

  • Schlagzeug

    Skye Klein

  • Sonstiges

    Gaz Cannell (Akustik-Cello, Electro-Cello)

Sonstiges

  • Label

    Eigenproduktion

  • Spieldauer

    56:20

  • Erscheinungsdatum

    30.11.2020

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