Genau so und nicht anders hätten mehr Bands die Verlegenheits-Situation nutzen sollen, während der Corona-Pandemie nicht richtig live auftreten zu können: SEPULTURA reichen in Form von "Sepulquarta" einen Konzert-Mitschnitt ohne Publikum ein, der etwas sehr, sehr Besonderes nicht nur für die Band selbst darstellt und unter normalen Umständen vermutlich nie zustande gekommen wäre.
Die internationalen Brasilien-Botschafter in Sachen Thrash Metal bestätigen ihre über die Jahre hin immer auf frische Impulse geeichte Attitüde damit, dass sie im Rahmen des Covid-19-Lockdowns einen Podcast starteten und Gäste einluden, um ausgesuchte Songs aus ihrem Repertoire zu performen. Das mit der Zeit zusammengestellte "Konzert"-Programm deckt dann auch einen großteil ihrer wechselhaften wie spannenden Karriere ab.
Klassiker wie ´Territory´ - performt mit dem mittlerweile ehemaligen Megadeth-Bassisten David Ellefson -, ´Inner Self´ (Sacred-Reich-Sympathieträger Phil Rind gibt sich die Ehre) oder ´Slave New World´, wo Trivium-Frontmann Matthew K. Heafy zusätzlich in die Saiten greift, gehen mit Tracks jüngeren Datums einher, wobei der Sound trotz unterschiedlicher Sessions nicht nur einheitlich ist, sondern auch ein lobenswert authentisches Show-Feeling vermittelt.
Das kurze ´Cut-Throat´ mit Anthrax-Labertasche Scott Ian an der zweiten Gitarre, ´Hatred Aside´ mit den drei Brasilianerinnen Angélica Burns (Hatefulmurder), Mayara Puertas (Torture Squad) & Fernanda Lira (Crypta) sowie ´Sepulnation´, das von Danko Jones begleitet wird, glänzen gerade wegen des sehr rohen, unmittelbaren Sounds, wobei Drummer Eloy Casagrand nicht selten der heimliche Star des Geschehens ist.
Im perkussiven Klassiker ´Ratamahatta´ allerdings trommeln João Barone, der ansonsten bei Os Paralamas Do Sucesso tätig ist, und Panamericana-Drummer Charles Gavin um die Wette, während in puncto Gitarren ´Apes Of God´ mit Death Angels Rob Cavestany, ´Phantom Self´ mit Mark Holcomb (Periphery), ´Vandals Nest´ mit Testament-Virtuose Alex Skolnick und ´Kaiowas´ mit Angras Hauptsongwriter Rafael Bittencourt um Aufmerksamkeit heischen.
Bleiben noch das manische ´Slaves Of Pain´ mit Fred Leclercq (ex-Dragonforce, Sinsaenum, Kreator) und Marcello Pompeu von den brasilianischen Urgesteinen Korzus sowie ´Mask´, wo Devin Townsend im Duett mit Derrick Green brüllt, und ´Fear, Pain, Chaos, Suffering´ mit der bei diversen Punk-Acts musizierenden und singenden Emmily Barreto.
Der krönende Abschluss? Das lange Zeit im Live-Set der Band unvermeidbare Cover ´Orgasmatron´ mit niemand Geringerem als Motörhead-Gitarrist Phil Campbell.
FAZIT: SEPULTURA untermauern ihren Ausnahmestatus mit einem kurios zusammengebastelten und dennoch uneingeschränkt funktionierenden Live-Album der völlig anderen Art … so wie sie im Lauf der Jahre auch zu einer praktisch unvergleichlichen (Thrash-)Metal-Band geworden sind. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/b564c7f812ed4f6fb1f0163ca9cf3d45" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.08.2021
Paulo Jr.
Derrick Green
Andreas Kisser
Eloy Casagrande
Nuclear Blast / Rough Trade
61:05
13.08.2021