Nach den Streaming-Hits ´The Hounds´ und ´Quartermaster´ verschießt Taylor McCall seine "Schwarzpulverseele": Der US-amerikanische Sänger, Songwriter und Multi-Instrumentalist wartet auf seinem Debütalbum mit einer Reihe von Ohrwurm-Refrains auf, die allerdings keine bloße Makulatur sind, sondern ein zeitloses Abbild der populären Musikarten seines Heimatlandes bereitstellen.
Nach einem Intro mit der Stimme des verstorbenen Großvaters des Musikers versucht dieser, das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, Zerstörung und Heilung sowie die Bedeutung des Glaubens in den dunkelsten Zeiten zu ergründen. Das kann man getrost ignorieren oder auch nicht, in jedem Fall hat die Musik für sich genommen Hand und Fuß, wobei der emotionale Charakter auch dann nicht zu unterschätzen ist, wenn man McCall nicht an den Lippen hängt.
Das getragen polternde Titelstück mit sonderbar kühlen Gitarrenlicks steht genauso wie der sich selbst erklärende Titel ´Surrender Blues´ im Zeichen der zwölf Takte, die die "blaue" Welt bedeuten, sind aber dennoch alles andere als herkömmlich beschaffen; die verträumte Akustikballade ´Man out of Time´ deckt das andere Ende des stilistischen Spektrums ab alldieweil man die stark ausgeprägte Gospel-Note, die sich der Künstler zu eigen gemacht hat, praktisch durch das gesamte Material gezogen sieht wie einen spirituellen roten Faden.
McCall, die im Alter von sieben Jahren seine erste Gitarre bekam glänzt letzten Endes vor allem mit tieftraurigen Leisetretern wie ´White Wine´ und ´Wide Open´, wobei letzter seiner Benennung (und geografischen Herkunft) entsprechend in der Tat ein Gefühl von Weite vermittelt. Passend dazu ist ´Crooked Lanes´ ein nervös treibender Westernfilm-Abstauber und das neunminütige ´Lucifer´ eine narrative Räuberpistole mit gar noisigen Nuancen. Der aus South Carolina stammende Autodidakt, Naturliebhaber und Angler lässt sich also wie im "wirklichen" Leben auch musikalisch zu keiner Zeit eindeutig festlegen, und das ist sehr gut so.
FAZIT: Facettenreicher Americana-Stoff im weitesten Sinn - Taylor McCall erweist sich auf seiner ersten Langspielplatte als nicht sklavisch traditionsgebundener Songwriter mit genug Dreck unter den Fingernägeln, um weit über die Roots-Rock-Szene hinaus Fuß zu fassen. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/9d11bd9dc8cb478284607f644d2ea397" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.09.2021
Thirty Tigers / Membran
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24.09.2021