<b>„Mindestens fünf Songs dieser LP gehören zu den besten, die diese Gruppe jemals aufgenommen hat!“</b> (Robert Hilburn 1970 in der 'Los Angeles Times')
Manchmal macht einem die Vielzahl der 'Geburtstagsneuveröffentlichungen' alter LP's oder legendärer Alben von legendären (oder längst vergessenen) Bands und Musikern fast ein wenig Angst, denn sie zeigen uns selber, wie alt wir langsam werden…
...Aber sie zeigen uns zugleich auch, wie jung wir in unseren Hörgewohnheiten und der Leidenschaft zur Musik geblieben sind und dass das, was oftmals von den 'ohral-' und streamgeschädigten Jüngeren so abschätzig als Nostalgie bezeichnet wird, eins der schönsten und heilsamsten Lebensgefühle in immer oberflächlicheren und schnelllebigeren Zeiten geworden ist. Das ist keine Nostalgie. Sondern eine Leidenschaft und ein Glücksempfinden, verbunden mit der Faszination von 'anfassbarer' Musik, die nicht nur uns Menschen, sondern mitunter die ganze Welt verändern konnte.
Womit wir bei THE BAND wären, die zwar nie die Welt erobert, dafür aber vor 50 Jahren mit „Stage Fright“ deutlich ihre Zeit geprägt haben.
Als am 17. August 1970 das bereits dritte Album von THE BAND erschien, auf dem sie im Titel darauf hinwiesen, dass sie wohl noch immer unter 'Lampenfieber' leiden, blieben die Reaktionen darauf eher verhalten. Ähnlich wie bei den beiden Alben zuvor, auch wenn <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2020/The-Band/The-Band-The-Brown-Album/" target="_blank" rel="nofollow">ihr zweites, schlicht als 'The Band' betiteltes Album</a> heutzutage echten Klassiker-Status genießt, der selbst deutschen Schager- und JULIANE WERDING-Freunden bekannt sein sollte, als aus „The Night They Drove Old Dixie Down“ „Der Tag, an dem Connie Kramer starb“ wurde. Die Hoffnungen auf noch mehr Ruhm und Erfolg waren jedenfalls groß, denn schließlich begleiteten THE BAND seit Mitte der 1960er-Jahre BOB DYLAN, der damals längst Legendenstatus besaß, auf seinen Konzert-Tourneen, aber gerade erst mit der rockigen Elektrifizierung seiner bis dato ausschließlich Folk- und Singer/Songwriter-Epen, dargeboten mit der Hilfe seiner THE BAND, sein alteingesessenes Fan-Volk gehörig verunsichert hatte.
Gerade dieser durch Dylan und ihren Woodstock-Auftritt vor mehr als einer halben Million Menschen ansteigende Status setzte den THE BAND-Mitgliedern gehörig zu – sie wurden langsam zum Gegenstück dessen, was sie sonst so gerne zu sein vorgaben. Die Drogen spielten eine immer größere Rolle, Starallüren ebenfalls und auch der langsam sich immer stärker einstellende Ruhm und damit verbundene Reichtum schien einfach nicht zu THE BAND zu passen. Bei solcher Erwartungshaltung musste tatsächlich Lampenfieber aufkommen. Ein härterer Schnitt war gefragt – und „Stage Fright“ war die Antwort darauf, denn es wurde zum härtesten, sprich rockigsten, Album der THE BAND-Ära.
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So gesellte sich neben der bunten THE BAND-Musikmischung aus Blues, Country, R&B, Soul, Rockabilly und Gospel nun auch noch etwas straighter Rock hinzu, was natürlich auch der erst gerade mit Dylan durchgezogenen 'Verrockung' seiner Musik fast logische Konsequenz zu sein schien.
Dass aus heutiger Sicht und nach 50 Jahren auch „Stage Fright“, trotz fehlendem 'Hit' natürlich zum Kult geworden ist, überrascht nicht. Schon die Gefühle, die beim Wiederhören des Albums aufkommen, sind unweigerlich ein Garant dafür, genauso wie die Tatsache, dass jeder THE BAND-Musiker auf dem Album erstmals mindestens zwei Instrumente spielt und sie das Album gänzlich allein produzierten. Natürlich merkt man des Öfteren auch, dass THE BAND eben damals die Band hinter BOB DYLAN war, aber auch ihre Spielbreite, die vielen Sänger und Solo- wie Satzgesänge, plus grandioser Horn- und Fiddle-Einlagen, stehen durchaus für eine gewisse Einzigartigkeit, die damals von TODD RUNDGREN als Toningenieur schon gut zum Klingen gebracht und nunmehr zum 50. Geburtstag des Albums von Bob Clearmountain noch klangvollendet wird.
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Banalitäten gab's auf „Stage Fright“ jedenfalls nicht zu hören und einer der bedrückendsten und zugleich aussagekräftigsten Songs wird so „The Shape I'm In“, in dem Richard Manuel, dem sein Umgang mit den Drogen immer mehr zu entgleiten schien, sich genau mit dieser Problematik auseinandersetzt. Eine Art musikalischer Hilferuf. Überhaupt waren erstmals auf „Stage Fright“ deutlich persönlichere Texte zu hören, die sich immer mehr von den sich zuvor auf Historisches und Sagenhaftes konzentrierenden Texten der beiden Vorgängeralben verabschiedeten.
Lampenfieber hin oder her, auch auf ihrem dritten Album „Stage Fright“ blieben sich THE BAND und ihrem 'Dylan-Sound' sowie breit gefächerten Folk-Klangwelten treu, auch wenn sie dieses Mal eine etwas härtere Gangart wählten. Und auch nach 50 Jahren klingt das Album noch genauso gut wie damals, als es kurz nach dem THE BAND-Auftritt beim Woodstock Festival erschien.
FAZIT: „Stage Fright“ von THE BAND begeht seinen 50. Geburtstag. Der muss natürlich – auch ganz ohne Lampenfieber – ordentlich gefeiert werden, selbst wenn RICK DANKO, LEVON HELM und RICHARD MANUEL diesen Album-Geburtstag nicht mehr miterleben können. Bleiben also nur noch ROBBIE ROBERTSON und GARTH HUDSON, welche der beeindruckend remasterten Neuveröffentlichung mit veränderter Songanordnung beiwohnen dürfen. Sehr schade, denn auch das himmlische RIP-Trio wäre sicher von dieser klangvollen Neuausgabe „Stage Fright – 50th Anniversary Edition“ begeistert, zu der ROBBIE ROBERTSON abschließend feststellt: „Wir haben hinterher ein andere Reihung der Songs vorgenommen, weil wir Richards und Levons Beiträge als Songwriter damit in den Mittelpunkt rücken wollten...“ Nun also ist nach 50 Jahren erstmals das Original-Album auch auf Vinyl in veränderter Song-Folge zu hören.
PS: Und hier noch alle KONFIGURATIONEN zu „Stage Fright (50th Anniversary Edition)“
CD1; Digital
1. The W.S. Walcott Medicine Show
2. The Shape I’m In
3. Daniel And The Sacred Harp
4. Stage Fright
5. The Rumor
6. Time To Kill
7. Just Another Whistle Stop
8. All La Glory
9. Strawberry Wine
10. Sleeping
Bonus Tracks
11. Strawberry Wine (Alternate Mix) *
12. Sleeping (Alternate Mix) *
Calgary Hotel Room Recordings, 1970 *
13. Get Up Jake (#1) *
14. Get Up Jake (#2) *
15. The W.S. Walcott Medicine Show *
16. Rockin’ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu *
17. Calgary Blues *
18. Before You Accuse Me *
19. Mojo Hannah *
* bislang unveröffentlicht
CD2; Digital
Live At Royal Albert Hall, June 1971
(bislang unveröffentlicht)
1. The Shape I’m In
2. Time To Kill
3. The Weight
4. King Harvest (Has Surely Come)
5. Strawberry Wine
6. Rockin’ Chair
7. Look Out Cleveland
8. I Shall Be Released
9. Stage Fright
10. Up On Cripple Creek
11. The W.S. Walcott Medicine Show
12. We Can Talk
13. Loving You Is Sweeter Than Ever
14. The Night They Drove Old Dixie Down
15. Across the Great Divide
16. The Unfaithful Servant
17. Don’t Do It
18. The Genetic Method
19. Chest Fever
20. Rag Mama Rag
Blu-ray
Stereo & 5.1 Surround
High Resolution Audio: 96 kHz/24 bit
DISC 1
1. The W.S. Walcott Medicine Show
2. The Shape I’m In
3. Daniel And The Sacred Harp
4. Stage Fright
5. The Rumor
6. Time To Kill
7. Just Another Whistle Stop
8. All La Glory
9. Strawberry Wine
10. Sleeping
Bonus Tracks
11. Strawberry Wine (Alternate Mix) *
12. Sleeping (Alternate Mix) *
* bislang unveröffentlicht
DISC 2
Live At Royal Albert Hall, June 1971
(Bislang unveröffentlicht)
1. The Shape I’m In
2. Time To Kill
3. The Weight
4. King Harvest (Has Surely Come)
5. Strawberry Wine
6. Rockin’ Chair
7. Look Out Cleveland
8. I Shall Be Released
9. Stage Fright
10. Up On Cripple Creek
11. The W.S. Walcott Medicine Show
12. We Can Talk
13. Loving You Is Sweeter Than Ever
14. The Night They Drove Old Dixie Down
15. Across the Great Divide
16. The Unfaithful Servant
17. Don’t Do It
18. The Genetic Method
19. Chest Fever
20. Rag Mama Rag
1LP (33 1/3 RPM)
180g schwarzes Vinyl (erhältlich im Boxset und einzeln); ltd. Edition 180g mehrfarbiges Vinyl (einzeln erhältlich)
Side One
1. The W.S. Walcott Medicine Show
2. The Shape I’m In
3. Daniel And The Sacred Harp
4. Stage Fright
5. The Rumor
Side Two
1. Time To Kill
2. Just Another Whistle Stop
3. All La Glory
4. Strawberry Wine
5. Sleeping
„Time To Kill“ (Original 1971 7” Capitol Single, spanische Pressung)
A. Time To Kill
B. The Shape I’m In
Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.02.2021
Rick Danko
Levon Helm, Richard Manuel, Rick Danko, Robbie Robertson
Robbie Robertson, Levon Helm
Garth Hudson, Robbie Robertson, Richard Manuel
Levon Helm, Richard Manuel
Garth Hudson (Horn, Akkordeon, Saxophon), Levon Helm (Mandoline), Rick Danko (Fiddle), Robbie Robertson (Autoharp), Richard Manuel (Clavinet), John Simon (Saxophon)
Capitol/Universal Music
35:22
12.02.2021