Das schwedische Duo VALHALL exstiert seit Frühjahr 2012 und hat sich wenig überraschend inhaltlich auf nordische Mythologie verlagert. Das Ungewöhnliche daran: Der Themenkreis wird gegenwartsrelevant aufbereitet und kann durchaus als kritische Kommentierung aktueller gesellschaftlicher Zustände interpretiert werden.
bereits an der Schreibweise des Namens erkennen Eingeweihte, dass sich VALHALL im Kontext von Witchhouse und angrenzenden zeitgenössischen Electro-Sounds verstanden wissen möchten. Unter diesen Voraussetzungen fahren die SkandinavierInnen aber einen relativ originellen Sound.
Gearbeitet wird in nahezu allen Tracks von "Neversleep" mit handfesten Melodien, die sowohl auf der gesanglichen Ebene als auch im Keyboard-Spiel zu finden sind. Dies macht das Shoegaze-ige ´Drown Below´, das versonnene und rhythmisch ausgesprochen raffinierte ´Inside of Me´ sowie das mit unterschwelligen Growls angereicherte ´The Search´ besonders eingängig.
Nichtsdestoweniger liegt VALHALL nicht so viel an Pop-Appeal und umso mehr am experimentellen Austoben in tendenziell düsteren, aber keineswegs rabenschwarz hoffnungslosen Klangwelten. Das Duo schafft sich auch in Hinblick auf seine optische Inszenierung und die visuellen Flanken ihrer Musik ein eigenes Universum, womit es zu einem mythologisch verbrämten Gesamtkunstwerk für die Moderne wird.
Schon das 2014 erschienene Debütalbum "Leaning On Shadows", das Remix-Projekt "Shadow Tales" sowie die drei EPs "Shadows", "Vi††??S†?åK" und "ST?NDH?L" expandierten diese halb fiktive Welt stetig, und während die dritte Platte "Neversleep" auf dieser Linie weiter pulsiert, kommt sie abwechslungsreicher daher als der zweite Langdreher "Grimoire" (2018), auf dem das Projekt mit Alekhine's-Gun-Violinistin Jessica Pimentel kollaborierte.
FAZIT: Technoider, aber schwungvoller und facettenreicher als zuletzt stellen VALHALL mit "Neversleep" ein zeitgemäßes Stück elektronischer Musik zur Diskussion, die weniger zum Tanzen als zum Freischwimmen in abstrakten Soundwelten einlädt… wobei Melodien - quasi als Rettungsringe - wie gesagt nicht ausgeschlossen sind. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/1f003aaa2857450ca93d1769680e4374" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.09.2021
Artoffact / Membran
45:05
03.09.2021