Wenn Frauen Krieg spielen und die finstersten Dämonen aus dem Innersten ihrer wundervollen Höllen-Seele heraufbeschwören, dann ist es höchste Zeit für den herrlich femininen Hardcore Punk von WAR ON WOMEN, die mit „Wonderful Hell“ ein lautstarkes Achtungszeichen der Punk-Extraklasse, das einer Vielzahl ihrer beeindruckenden maskulin-breitbeinigen Punk-Machos von den verROTTetEN SEX PISTOLS bis zu den THE DAMNED in nichts nachstehen. WAR ON WOMEN haben zwar keine Eier, dafür aber genau die Brüste, die einem mit ihrem Hardcore-Punk in der so extrem männlich dominierten Punk-Szene gehörig einen auf die so empfindliche Zwölf geben.
So erhebt sich der weibliche Punk-Vierer + 1 auch gegen ein Amerika von Trump und Konsorten, die Rassismus und Frauenfeindlichkeit auf ihre Fahnen geschrieben und zu amerikanischen Idealen erhoben haben. Zum Glück sind diese Arschgesichter jetzt Geschichte, doch als dieses Album erschien, waren sie es noch nicht und es bestand nur die verzweifelte Hoffnung – speziell auch bei WAR ON WOMEN – dass sich in einem plötzlich so extrem gespaltenen, riesigen Land am Ende doch die Vernunft gegen jegliches Nationalismusgedöns durchsetzt. Es war knapp. Und vielleicht haben ja auch WAR ON WOMEN mit ihrer „Wonderful Hell“ einen kleinen Anteil daran, dass aus der trumpschen Hölle eine bidensche Hoffnung erwuchs.
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In „Wondefull Hell“ geht das Punk-Quintett textlich in die Offensive, ruft auf endlich zu handeln, sich zu wehren und verlässt dabei zu keiner Zeit ihre knallharte Punk-Attitüde, wobei (fast authentisch) auch der Sound oftmals dumpf wummernd seine Botschaften verbreitet, als kämen sie direkt aus früher Punk-Vergangenheit: „It's not one man or one country / We've got to stop this fascist creep“! („Wonderful Hell“) Klare Worte, die da Sängerin Shawna Potter, genervt von der gruseligen Trump-Ami-Ära da findet und wobei sie noch betont: „Ich denke, 'Wonderful Hell' drückt das aus, was viele in unserem Land denken. Wir können das nicht weiter zulassen und einfach Tag für Tag zur Arbeit gehen. Weitere vier Jahre lang werden wir einen Trump nicht überstehen!“ Nunmehr könne WAR ON WOMEN jedenfalls aufatmen.
Eigentlich hatte die Band vor, mit BAD RELIGION auf Tour zu gehen – aber Covid 19 sah das anders. Jedenfalls hätten die vier Damen plus der eine Schlagzeuger mit Eiern den bösen, musikalischen Religonskritikern gehörig Feuer unter ihren Hintern gemacht – da lässt „Wonderful Hell“ kein Zweifel dran. Schwere Gitarrenbretter, treibendes Drumming, fette Bässe und Gesang zwischen Flüstern und Schreien, Kreischen und Flehen. Das passt.
So beginnt das Album mit „Aqua Tofana“ explosiv wie ein Bombeneinschlag und nimmt die grassierende Frauenfeindlichkeit auf's ironische, am Ende tödliche Korn.
„White Lies“ lässt alle Wut über politische Lügenbarone – und einen natürlich ganz besonders – heraus: „We politely request / You get your boots off our necks“.
„The Stolen Land“ greift die Migrantenproblematik auf und weist darauf hin, dass Menschen anderen Flüchtlingen erklären, sie seien „illegal“, obwohl genau diese weißen Amis den amerikanischen Ureinwohnern ihr Land gestohlen haben. Das ist nicht nur von der Musik, sondern auch von den Texten her lupenreiner Punk: Provokant und unerbittlich in seinen Stakkato-Rhythmen und zynischen, bitterbösen Vergleichen!
Mit „The Ash Is Not The End“ verirrt sich sogar ein fast hymnischer Song samt großartigem Gitarren-Solo auf die Platte, der etwas New Wave atmet, aber trotzdem unerbittlich seine „Brenn es nieder“-Botschaften verbreitet, um dann den sechseinhalb Minuten langen Teufels-Rock einzuleiten und den höllischen Kreaturen den Krieg anzusagen, um mit der Zeile zu enden: „Ich werde so lange schreien, bis ich nicht mehr atmen kann“. Das können wir nur zu gut auf „Wonderful Hell“ hören!
FAZIT: Die vier weiblichen und der eine männliche Hardcore-Punks von WAR ON WOMEN öffnen uns mit ihrem aktuellen Album auf weißem Vinyl weit die Tore zu einer Hölle, die angeblich wundervoll in Anbetracht der derzeitigen Realität (der allerdings zum Glück vergangenen Trump-Ära) erscheint. „Wonderful Hell“ ist eine musikalisch wie textlich knallharte (Punk-)Abrechnung mit einem trumpschen Amerika, das immer mehr aus den Fugen zu geraten schien – und nun glücklicherweise wieder nach und nach mit dem bideschen Kitt (Was WAR ON WOMEN zum Zeitpunkt der Album-Veröffentlichung noch nicht wissen konnten!) zusammengekleistert wird. Wollen wir hoffen, dass er hält und die schlimmsten Risse schließt, sonst könnte das nächste Album auf schwarzem Vinyl vielleicht „Ugly Hell“ heißen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.02.2021
Sue Werner
Shawna Potter, Jennifer 'Jenarchy' Vito, Sue Werner
Brooks Harlan, Jennifer 'Jenarchy' Vito
Dave Cavalier
Bridge Nine Records
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13.11.2020