Licht und Schatten halten sich auf YES´ neuem Album die Waage, wobei man von Vornherein außer Acht lassen sollte, dass Studiowerke einer der Progressive Rock-Ikonen schlechthin früher immer mittelschwere Beben in der weiteren Musikszene verursacht haben, wohingegen sie heute allenfalls am Rande zur Kenntnis genommen werden.
Das liegt auch daran, dass YES ihre ohnehin instabile Besetzung längst endgültig auf den Status eines mehr oder weniger losen Kollektivs von Musikern umgemünzt haben. Die seit 2015 in dieser Konstellation musizierende Gruppe stellte "The Quest" bereits komplett vor dem Covid-19-Lockdown fertig und vermittelt über die Songs auch nicht im Geringsten den Eindruck, sich in irgendeiner Weise um tagesaktuelle Angelegenheiten zu scheren.
So ist der Doppeldecker,. dessen Material an seiner Spieldauer gemessen mühelos auf einen einzelnen Tonträger gepasst hätte, ein weiteres im Guten wie Schlechten weltfremdes und mit der kommerziellen Prog-Tradition konform gehendes Konstrukt, dem vor allem zweierlei fehlt: Ecken und Kanten.
Das getragen breite, in puncto Stimmung vertraut untrügliche ´The Ice Bridge´ zu Beginn bleibt bis zuletzt der Track mit dem meisten Fleisch an den Knochen. Das behäbige ´Dare To Know´ torkelt hingegen mit Bläser-Tuschs am Rande der Belanglosigkeit, und auch das nachfolgende ´Minus The Man´ geht inklusive sinfonischer Staffage auf Kuschelkurs, selbst wenn Steve Howe immer noch für Aufsehen erregende Gitarrenleads gut ist.
Keyboarder Geoff Downes hat schon auf "Fly From Here" (2011) und "Heaven & Earth" (2014) jenen Einfallsreichtum und Wagemut missen lassen, die Drama (1980) großartig machten, nimmt aber wenigstens mit dem Akustik-Rocker ´Mystery Tour´ (mit zu wenig Mellotron) für sich ein. ´Future Memories´ wiegt sich ohne Drums vorübergehend in einen Himmel aus Gesang, wobei "Jungspund" Jon Davison wirklich am Mikro brilliert. Die stärksten Tracks befinden sich nach dem jazzig zarten ´Music To My Ears´ mit seinem mehrstimmig vorgetragenen Text im letzten Drittel von "The Quest".
Das leicht mediterran anmutende ´Sister Sleeping Soul´ ist über den astreinen Softrocker ´A Living Island´ mit aufregend verzahnten Gitarren und Keyboards hinaus die einzige Nummer, die in einem Set aus YES-Klassikern wirklich bestehen könnte.
FAZIT: Durchwachsene Kost von einer der stilprägenden Prog-Bands - YES waren zwar nie von einem bestimmten Line-up abhängig und brauchten nicht einmal ihren Ur-Sänger Jon Anderson um spannende Musik zu machen, doch "The Quest" lässt die von der Band erwarteten großen (magischen) Momente missen. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/51d9847894d1462f95b67fa0ade8749c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.09.2021
Billy Sherwood
Jon Davison, Billy Sherwood, Steve Howe, Alan White
Jon Davison, Steve Howe
Geoff Downes
Alan White
Inside Out / Sony
61:22
01.10.2021