Dass 2 MINDS COLLIDE ihren Vertrieb über ASPs Welten abwickeln, ist so dermaßen naheliegend, dass es fast schon wieder zum Klischee werden könnte. Denn der Sound der Dark Rocker wandelt erkennbar auf den Spuren ihres großen Vorbildes.
Thematisch dagegen befasst sich das Trio eher mit tagesaktuellen Geschehnissen als mit Fantasy-Stoff. Ob „Marching With The Dead“ aber wirklich die ernsthafte Gesellschaftsreflexion ist, als die sie im Promoschreiben vorgestellt wird, kann und darf durchaus bezweifelt werden. Denn als das Gesamtwerk betrachtet, als welches das Album ja durchaus gedacht ist, entsteht doch vielmehr der Eindruck, einem, zugegeben guten, Geschichtenerzähler zu lauschen.
Klar, Geschehnisse wie sie in „Lake Of Colours“ geschildert werden, wirken doch nahbar und sieht man von den durchaus metaphorischen Texten ab, kann fast jeder potenzielle Hörer was mit der Erzählung anfangen. Aber genau hier findet sich auch der Knackpunkt des Albums. Denn besonders die teils in Metaphern verpackten Warnungen wie sie bspw. im Titeltrack ausgesprochen werden, wirken doch etwas abstrakt bzw. zu unklar formuliert.
Betrachtet man die Texte vor dem Hintergrund, dass 2 MINDS COLLIDE mit dem Album vor einem erstarkten Nationalismus warnen wollen, macht das einerseits zwar Sinn (künstlerischer Ansatz und so…), wirkt andererseits aber doch zu gewollt, zu erzwungen in diese eine Richtung gepresst.
Musikalisch ist „Marching With The Dead“ dagegen eine hörbar runde Sache. Klar, an dieser Art Musik werden sich so oder so die Geister scheiden. Denn der pathetische Ansatz, das stets implizierte Drama, ist schlicht Geschmacksache. Aber insgesamt schaffen es 2 MINDS COLLIDE den interessierten Hörer doch relativ gut bei Stange zu halten. Was sie u.a. mit dem spannend arrangierten „My Last Gift“ beweisen. Vom reinen Electro-Track entwickelt sich die Nummer zu einem pathetischen SloMo-Gothic-Drama (inklusive melancholischer Streicher und dergleichen).
Das ASP-Feature in „Blood Red Wine“ erweist sich dann trotz aller Vorhersehbarkeit als passendes Gimmick. Denn die Kombination der beiden Stimmen kann einiges und sorgt für die passende Atmosphäre. Selbiges gilt für die elektronischen Spielereien und die präsenten Streicher, die den Song nochmal ordentlich aufwerten. Auch der (zugegeben minimale) Härtezuwachs in „Shell Shock“ gefällt. Die kleinen gesanglichen Variationen kommen hier außerdem genau zum richtigen Zeitpunkt, bevor das Album anfängt zu eintönig zu werden. Abgesehen von der Konsistenz des Albums ist der Song aber ein fein konzipierter Düsterrocker mit eindrucksvoll dargestelltem Drama.
Der elektronische Stampfer „The Pleasure Is All Yours“ entwickelt sich nach und nach sogar zu einem echten Highlight der Scheibe. Hier scheint die Band genau die richtige Mischung aus Drama, Härte und Eingängigkeit gefunden zu haben, denn der Song zündet sofort. Egal ob Synthies, Riffs oder Groove: Alles ist an seinem Platz und funktioniert bestens.
„Amber“ und „No Man’s Land“ beenden „Marching With The Dead“ mit eher melancholischen Klängen voller Selbstvorwürfe. Vor dem Hintergrund der erzählten Geschichte funktionieren beide Nummern sowohl textlich als auch musikalisch gut, allerdings zeigt sich hier doch wieder ein grundlegendes Problem dieses Albums: Denn egal wie oft die Scheibe läuft, wie oft die Texte auf diverse Arten studiert werden, am Ende wirkt „Marching With The Dead“ zu oft wie ein erhobener Zeigefinger, der bewusste, direkte Warnungen ausspricht. Das ist grundsätzlich zwar nicht verkehrt, es hat hier aber eher etwas von einer Schulbuch-Mentalität als von einer wirklichen Herzensangelegenheit und das hinterlässt doch einen irgendwie schalen Beigeschmack.
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Damit ist das FAZIT eigentlich schon vorweggenommen:
„Marching With The Dead“ von 2 MINDS COLLIDE ist eine zwiespältige Angelegenheit. So solide die Musik grundlegend sein mag, so zweischneidig ist die textliche Struktur. Denn die wenigsten Hörer mögen es, wenn eine Band offensichtliche, durchaus politische Vorwürfe vertont. Das kann natürlich auch ein akzeptables Stilmittel sein und ist als eventueller Finger in der Wunde auch wichtig, ob es aber dazu beiträgt, sich neue, wirklich interessierte Hörer zu erschließen, ist am Ende wohl reine Geschmackssache.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.03.2022
Finch
Tobias „Lias“ Engel
Tobias „Lias“ Engel
Tom
Tobias „Lias“ Engel (Samples), ASP (Gastgesang in „Blood Red Wine“)
Eigenproduktion
48:37
04.03.2022