Eine wirklich interessante Frage stellt die Kölner Combo ACUA im Titel ihrer zweiten LP „Is There More Past Or More Future“, denn obwohl sich diese Frage ja gar nicht schlüssig beantworten lässt – und die Gegenwart auch ausschließt – ist diese Frage ein hübscher Aphorismus für unsere richtungs- und orientierungslosen Zeiten. Ein wenig spiegelt sich das Thema auch in der musikalischen Umsetzung wider. Nicht, indem PATRICK BRAUN, CAROLINE PRINZ-HOLTORF und IGOR FRANJIC etwa richtungs- und orientierungslos in der Musikhistorie herumstocherten, sondern indem sie sich offen gegenüber der Verquickung von Vergangenheit und (möglicher) Zukunft zeigen und so zu einem eigenen musikalischen Weg finden.
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Dabei geht es dem Trio darum, aus Denkschemata auszubrechen, die uns von unserer von Oberflächlichkeiten bestimmten Umgebung aufoktroyiert werden.
Jedenfalls ließe sich das aus den eher ungelenken englischsprachigen Satzfragmenten, die als Lyrics dienen, heraus-interpretieren.
Wesentlich eleganter lösen ACUA das Ganze in musikalischer Hinsicht. Da gibt es es nämlich ambitionierten Indie-Pop vom Feinsten, in dem nach einem „Anything Goes“-Prinzip 60's Psychedelia, kontemporärer Indie-Rock, New-Wave-Pop, Space-Age-Elektronica, Garage-Pop und Prog-Elemente zu einem stets unterhaltsamen, niemals überbordenden, kunterbunten Stilmix verquirlt werden.
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Und dieser Stilmix verrät eine bemerkenswerte konzeptionelle Übersicht, denn immer dann, wenn Geringere mit zielloser Daddelei abgedriftet wären, kommen ACUA mit kreativen musikalischen Ideen, melodischen Schlenkern, griffigen Hooklines, innovativen rhythmischen Lösungen und einfallsreichen strukturellen Schlenkern um die Ecke, die selbst verspielten, epischen Tracks wie z.B. dem 7-minütigen „Orange World“ so etwas wie einen schlüssigen Song-Charakter verleihen (und dabei dennoch musikalische Traumtänzerei zulassen).
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FAZIT: Mit ihrem zweiten Album „Is There More Past Or More Future“ löst die Kölner Band ACUA das ein, was sie mit ihrem Debüt-Album „Head under Water“ sowie auf ihren Touren durch Deutschland, Kanada, Japan oder als Support-Act z.B. für JAPANESE BREAKFAST, OMNI oder LEYYA bereits versprochen hat. Sicher: An Produktion und Gesang lässt sich sicherlich noch arbeiten und über die Lyrics sollte mal ein Muttersprachler drüberschauen – aber grundsätzlich ist „Is There More Past Or More Future“ ein prächtiges Stück Indie-Pop geworden.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.08.2022
Igor Franjic
Patrick Braun, Caroline Prinz-Holtorf
Patrick Braun
Caroline Prinz-Holtorf
Papercup Records
43:36
12.08.2022