Bekanntheit erlangten ALABAMA 3 1997 durch ein musikalisches Geschenk, das niemand ablehnen konnte, schufen sie doch mit „Woke Up This Morning“ den legendären Vorspann-Song der unvergleichlichen Sopranos. Die treibende Basslinie, die sonor grummelnde Stimmen wurden zum Markenzeichen der englischen Band, deren Nähe zu Alabama bestenfalls eine ironisch-ideelle ist. Bezeichnen die Musiker selbst ihr recht einzigartiges Treiben treffend als "Sweet Pretty Muthafuckin‘ Country Acid House Music“.
Das haut hin, auch auf „Step 13“ zelebriert die Gruppe um Rob Spragg ihre mitreißende Mixtur aus Country, Blues, Rock und knalligen Dancfloor-Rhythmen mit Inbrunst. Dass das Album überhaupt zustande gekommen ist, grenzt an ein kleines Wunder. Nicht nur Corona sorgte für eine Zäsur, viel schlimmer war es, dass Bandmitbegünder Jake Black völlig überraschend 2019 starb. Spragg fühlte sich aber dem Erbe verpflichtet und produzierte “Step 13” nicht als tränengeschwängerte Trauerarbeit, sondern als Tanzboden-Killer. Dabei gelingt das Kunststück nominell auf Bassist und Drummer zu verzichten. Ohne dass man je das Gefühl hat, es fehle etwas.
Schmerz und Melancholie finden trotzdem vehement Einzug. So beschäftigt sich “Night Tripper In The Trap House“ mit den letzten Lebensstunden Blacks im Krankenhaus, während das sarkastische „Tranquilize Yourself Britannia“ als tanzbare Twin-Peaks-Gedächtnisballade durchgeht. Spragg erweist sich als begnadeter Geschichtenerzähler, der rotzig, trotzig und auch anrührend vor sich hin lamentiert. Das klingt ein bisschen wie der große Bruder Neil Tennants, aber mehr noch nach SHRIEKBACK.
Die Musik dazu pumpt auf hohem Niveau, lässt die Gitarren mit Wonne sliden und twangen, die Mundharmonika bekommt ihren Einsatz, ebenso wie Streicher, „Everytime I See A River“ kommt fast als vom Piano getragener, klassischer Country-Schleicher daher, „Somebody, Somewhere“ würde auch Bruce Springsteen gut zu Gesicht stehen. ALABAMA 3 bringen dies alles locker unter einen Hut, ohne dass es Ausreißer gibt. Selbst der rapartige Gesang in “Night Tripper In The Trap House“ wird kongenial eingebunden in einen Song, der als moderner Gospel taugt. Ergreifend und richtig gut.
FAZIT: Unter schwierigen Bedingungen entstanden ist „Step 13“ eine exzellente Fortführung der ALABAMA 13-Diskographie, unter anderen Vorzeichen und Bedingungen. Ein Album der puren Lust am Leben, gerade im Angesicht des Todes.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.03.2022
Rob Spragg
Mark Sams, Steve Finnerty
Orlando Harrison
Nick Reynolds (harmonica)
Submarine Cat Records/Rough Trade
52:50
24.09.2021