…AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD hatten Anfang 2020 das Glück, eine erfolgreiche Tournee durchziehen zu können, bevor das Coronavirus ausbrach. Anschließend stürzten die Indie-Proggies in ein Loch der Tatenlosigkeit, aus dem jedoch schnell eine überbordende Kreativität erwuchs.
Mainman Conrad Keely wollte das nächste Studioalbum seiner Band möglichst "wie früher" einfädeln, wobei ihn laut eigener Aussage Schlüsselalben von Led Zeppelin, Rush, Peter Gabriel, Kate Bush,
Fleetwood Mac und Pink Floyd inspirierten. Ein alter Freund und Geschäftspartner ermutigte die Gruppe schließlich, ein in Vergessenheit geratenes Surround-Sound-Format in Anspruch zu nehmen. "XI: Bleed Here Now" ist eine Quadrofonie-Mehrkanalaufnahme, wie es unter anderem auch Kraftwerks "Autobahn" oder "Tubular Bells" von Mike Oldfield waren. Davon abgesehen gibt es ein Wiederhören mit dem Tosca String Quartett und Sängerin Britt Daniel, die bereits in der Vergangenheit bei Trail of Dead gastierten.
Mit seinen 22 Tracks ist "XI" ein mutiges Album mit dezent experimentellem Charakter, aber nicht so revolutionär wie manche Klassiker, in deren Gesellschaft es sich in Hinblick auf die Aufnahmetechnik befindet. Nach dem teils gesprochenen Intro ´Our Epic Attempts´ und dem retardierenden Moment (sozusagen) ´Long Distance Hell´ entpuppt sich ´Field Songs´ als der eigentliche Opener und ein zarter Indie-Feger mit Neo-Psych-Note, dem später noch ein Pendant (´Water Tower´) anheimgestellt wird.
Das melancholische ´Penny Candle´ und das elegische ´Golden Sail´ sind Trail of Dead, wie man sie kennt und liebt, der feiste Orgel-Swinger ´No Confidence´ kommt mit reichlich Garage-Flair und nölendem Gesang daher, deckt aber vor allem mit der nicht einmal anderthalbminütige Eruption ´Kill Everyone´ die von jeher latente ruppige Seite der Band ab.
Geräuschvolle Zwischenspiele wie ´A Life Less Melancholy´ gleichen kurzen Vignetten, die den Gesamteindruck verstärken, man habe es bei "XI" mit einem ausladenden Konzeptwerk zu tun. Im Zentrum steht das über elf Minuten dauernde ´Taken By the Hand´, dessen schillernder Abwechslungsreichtum (auch und gerade wegen des fiebrigen Percussion-Instrumentalparts im Mittelteil) an die frühen The Mars Volta gemahnt; tatsächlich ist die Dichte der richtig fesselnden Stücke in der zweiten Hälfte höher, wo man das hypnotisch torkelnde ´Protest Streets´ und das freak-folkig pastorale ´Millennium Actress´ (nicht zu vergessen weiter vorne das akustische ´Growing Divide´) als Anspieltipps nennen muss.
FAZIT: XI: "Bleed Here Now" ist etwas sperriger ausgefallen als seine beiden Vorgänger, doch …AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD haben ein gutes Dutzend starker Vintage-Rocksongs gebündelt und mit atmosphärischen Interludien versehen, die das Material vielleicht langfristig interessanter halten, als es mit einer herkömmlichen Struktur der Fall wäre. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/f0b78fb7d45c4b25890582ece82a6337" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.07.2022
Alec Padron
Conrad Keely, Jason Reece, A.J. Vincent
Conrad Keely, Jason Reece, Ben Redman, John Dowey
Conrad Keely, A.J. Vincent
Jason Reece, Alec Padron, Ben Redman
Inside Out / Sony
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15.07.2022